Nach dem Wahldebakel – neue Hürden, alte Tabus?

Fakten-Box | 5. September 2024

• Landtagswahl in Sachsen

  

  Bei der Wahl ist die CDU um Ministerpräsident Michael Kretschmer laut vorläufigem Ergebnis mit 31,9 Prozent stärkste Kraft geworden. Dicht dahinter liegt die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte AfD mit 30,6 Prozent. Die wegen eines Softwarefehlers notwendige Korrektur der Sitzverteilung im Landtag hat das vorläufige Wahlergebnis nicht beeinflusst, teilte der Landeswahlleiter mit.
  
  Das erstmals bei einer Landtagswahl angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 11,8 Prozent. Die SPD erzielte 7,3 Prozent, die Grünen kamen auf 5,1 Prozent. Die Linke scheiterte mit 4,5 Prozent an der Fünfprozenthürde und zieht nur wegen des Gewinns zweier Direktmandate in den Landtag ein. Zudem gewann ein Kandidat der Freien Wähler ein Direktmandat.
  
  Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist die Regierungsbildung in Sachsen kompliziert. Ein Bündnis mit der AfD schließen die übrigen Parteien aus. Für eine Neuauflage der bislang regierenden „Kenia“-Koalition aus CDU, SPD und Grünen reicht es nicht. Möglich wären Dreierbündnisse aus CDU und BSW mit einer weiteren Partei. Die CDU kündigte dazu Gespräche mit BSW, SPD und Grünen an.
  
  Eine mögliche Koalition von CDU, SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht hat bereits seinen potenziellen Namen: die „Brombeer-Koalition“. Der Grund: Weil es kein Land gibt, das die Farben Schwarz (für CDU), Rot (für SPD) und Lila (für das Bündnis Sahra Wagenknecht) zusammen in seiner Nationalflagge verwendet, wurde man nun in der Natur fündig. Den Begriff soll erstmals der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte in einem Essay mit Thesen zu den Landtagswahlen im Osten verwendet haben.
  
  Da CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer eine Zusammenarbeit mit der AfD und den Linken kategorisch ausschließt, bleibt der Union nur ein Bündnis mit dem BSW und der SPD beziehungsweise mit BSW und Grünen. Ohne das BSW geht es nicht. In der CDU regt sich Widerstand gegen die Wagenknecht-Partei (siehe Box „CDU und die Brandmauer“).
  
  Mit Blick auf die komplizierte Gemengelage hat CDU-Chef Friedrich Merz vor der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September dazu aufgerufen, die politische Mitte zu stärken. „Wir werden den Wählerinnen und Wählern in Brandenburg jetzt sagen: Schaut Euch genau an, was da in Thüringen und in Sachsen geschehen ist. Sorgt dafür, dass es klare politische Mehrheiten in der Mitte des politischen Spektrums gibt.“
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: dpa

• Landtagswahl in Thüringen

  

  Die Ergebnisse in Thüringen stellen die Parteien vor Herausforderungen bei der Regierungsbildung. Denn die vom Verfassungsschutz auch in Thüringen als rechtsextrem eingestufte AfD wurde mit 32,8 Prozent erstmalig stärkste Kraft. Und mit dem BSW, das aus dem Stand 15,8 Prozent erreichte, zieht eine neue Partei in den Thüringer Landtag ein. Die CDU erzielte 23,6 Prozent.
  
  Die amtierende rot-rot-grüne Minderheitsregierung wurde abgewählt. Die Linkspartei von Ministerpräsidenten Bodo Ramelow musste einen Rekordverlust von knapp 18 Prozentpunkten hinnehmen und landete bei 13,1 Prozent. Ihr bisheriger Koalitionspartner SPD erreichte mit 6,1 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl und die Grünen verpassten mit 3,2 Prozent den Wiedereinzug in den Landtag, ebenso wie die FDP.
  
  
  Als stärkste Kraft reklamierte die AfD den Auftrag der Regierungsbildung für sich: „Wir sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen“, sagt ihr Spitzenkandidat Björn Höcke in der ARD. Eine Zusammenarbeit mit der AfD haben jedoch alle anderen Parteien ausgeschlossen.
  
  Einfluss nehmen kann die Thüringer AfD mit dem erzielten Ergebnis dennoch über die sogenannte Sperrminorität. Da sie mehr als ein Drittel der Mandate im Landtag bekommt, kann sie Entscheidungen blockieren, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig wären – wie etwa Verfassungsänderungen oder die Wahl von Verfassungsrichtern.
  
  Der Spitzenkandidat der CDU, Mario Voigt, sieht den Auftrag zur Regierungsbildung bei sich „als stärkste Kraft der politischen Mitte“, wie er noch am Wahlabend betonte. Doch die Partnerwahl birgt ihre Tücken. Für eine Mehrheit im Parlament braucht die CDU das BSW und die Linke an ihrer Seite. Nur eine solche Dreierkoalition hätte deutlich mehr als die erforderlichen 45 Sitze im Erfurter Landtag.
  
  CDU, Linke und SPD kämen zusammen nur auf 41 Sitze. Und auch CDU, BSW und SPD hätten mit insgesamt 44 Sitzen keine eigene Mehrheit. Voigt sieht durchaus inhaltliche Überschneidungen mit dem BSW. Was er zu den Themen Migration und Bildung in Thüringen vom BSW höre, sei „realitätsnäher als das, was ich von Grünen, Linken oder SPD höre“, sagte der CDU-Politiker vor der Wahl. Das BSW fordert allerdings entgegen der Parteilinie der CDU, dass sich eine Landesregierung mit ihrer Beteiligung für mehr Diplomatie mit Kreml-Chef Putin und gegen US-Mittelstreckenraketen in Deutschland einsetze. Voigt sagt dazu: „Weltpolitik wird nicht in Thüringen entschieden.“
  
  Ein mögliches Bündnis mit der Wagenknecht-Partei stößt innerhalb der CDU auf erhebliche Vorbehalte, unter den Kritikern ist auch CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter: „Das BSW agiert als verlängerter Arm des Kreml.“ Die Gegner fordern einen Unvereinbarkeitsbeschluss für das BSW, wie es ihn auch für die AfD und die Linke gibt (siehe Box „CDU und die Brandmauer“).
  
  Eine weitere Möglichkeit in Thüringen wäre eine CDU-geführte Minderheitsregierung, die dann aber fallweise auf Stimmen anderer Parteien angewiesen wäre. Die Linke signalisierte zuletzt generell Unterstützung. 
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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• Ampel in Bedrängnis

  

  Trotz ihres Wahldebakels in Thüringen und Sachsen haben sich die drei Ampel-Parteien zur Fortführung ihres Regierungsbündnisses auf Bundesebene bekannt. Die SPD-Führung stärkte ihrem angeschlagenen Kanzler Olaf Scholz den Rücken und forderte von ihren Koalitionspartnern FDP und Grünen mehr Disziplin. Einzelne FDP-Politiker stellten jedoch einen Verbleib in der Koalition in Frage.
  
  Noch nie schnitten die Regierungsparteien im Bund bei Landtagswahlen zusammen so schlecht ab. In Thüringen kamen sie zusammen nur noch auf 10,4 Prozent, in Sachsen auf 13,3. Die SPD reagierte trotzdem mit einer Mischung aus Erschütterung und Erleichterung auf die Wahlergebnisse. Sie hatte befürchtet, sogar unter die 5-Prozent-Hürde zu rutschen.
  
  Kanzler Olaf Scholz (SPD) wies darauf hin, dass sich die „düsteren Prognosen“ nicht bewahrheitet hätten. Die SPD habe einen guten Wahlkampf geführt. „Es zeigt sich: Kämpfen lohnt. Jetzt geht es darum, stetig um mehr und neue Zustimmung zu werben.“
  
  Das Erstarken der politischen Ränder bei diesen Landtagswahlen hat auch international für Aufsehen gesorgt. Das „Wall Street Journal“ kommentiert: „Die Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz und einer Koalition, die Migration nicht steuern kann und sich trotz des greifbaren und wachsenden wirtschaftlichen Schadens an Klimazielen festklammert“. Und „Politico“ aus Brüssel erwartet: „Das Ergebnis ist ein weiterer Nagel im politischen Sarg von Kanzler Olaf Scholz.“
  
  SPD-Chefin Saskia Esken nahm den Kanzler gegen alle Zweifler in Schutz. „Olaf Scholz ist unser starker Bundeskanzler und er wird unser starker Kanzlerkandidat sein“, sagte sie am Montag im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Wie bei der vergangenen Bundestagswahl werde es der SPD auch dieses Mal gelingen, in den letzten Monaten den Wind zu drehen. Esken fügte zugleich hinzu, dass alle Ampel-Parteien aus dem Wahlergebnis die Motivation ziehen müssten, öffentlichen Streit zu beenden.
  
  FDP-Vize Wolfgang Kubicki stellte sich gegen das Berliner Regierungsbündnis. Auf X postete er: „Die Ampel hat ihre Legitimation verloren. Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land. Und sie schadet definitiv der Freien Demokratischen Partei.“ In Thüringen fiel die FDP auf 1,1 Prozent, in Sachsen gar unter 1,0 Prozent, in den Ergebnislisten am Wahlabend tauchten die Liberalen oft gar nicht mehr auf.
  
  Der thüringische FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich forderte den Ausstieg aus der Ampel. Parteichef Christian Lindner wies die Forderung zurück: „Hier haben wir unterschiedliche Auffassungen.“ Der Bundesfinanzminister wies darauf hin, dass es noch ausstehende Projekte der Koalition gibt wie die Wachstumsinitiative für die Wirtschaft. „Es ist besser, diese Maßnahmen kommen jetzt, als dass sie nicht kommen“, sagte Lindner.
  
  Grünen-Chefin Ricarda Lang bekannte sich am Tag nach der Wahl auch zur Ampel: „Wir haben Verantwortung für vier Jahre übernommen und sind auch weiterhin bereit, der gerecht zu werden.“ Selbstkritisch fügte sie hinzu, die Ampel-Koalition sei „den Anforderungen nicht gerecht geworden“, den Menschen in einer Zeit des Umbruchs Stabilität und Sicherheit zu geben.
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: dpa/Kay Nietfeld

• CDU und die „Brandmauer“

  

  Nach den Landtagswahlen beginnen die Parteien in Thüringen noch in dieser Woche mit ersten Gesprächen zur Auslotung gangbarer Koalitionskonstellationen. CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt sprach am Mittwoch in Erfurt von informellen „Optionsgesprächen“ mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD unterhalb der Schwelle zu offiziellen Sondierungen. Die CDU sehe den Auftrag zur Koalitionsbildung bei sich und wolle schnell zu einer „stabilen Regierung“ kommen, sagte Voigt.
  
  Aufgrund schwieriger Mehrheitsverhältnisse gestaltet sich die Regierungsbildung in Thüringen kompliziert. Ein Bündnis aus CDU, SPD und BSW kommt zusammen nur auf 44 Landtagsmandate, 45 wären für eine Mehrheit nötig. Eine Mehrheit hätte dagegen eine Koalition aus CDU, BSW und Linke. Das Dilemma dabei: Ein Unvereinbarkeitsbeschluss von 2018 verbietet der CDU eine Zusammenarbeit mit AfD oder Linken.
  
  In der CDU gibt es aber auch Vorbehalte gegen eine Koalition mit dem BSW, das sich erst vor wenigen Monaten von der Linken abspaltete und dessen inhaltliches Programm noch weitgehend unklar ist. BSW-Bundeschefin Wagenknecht knüpft etwaige Koalitionen auf Länderebene zudem an außen- und sicherheitspolitische Forderungen, darunter etwa den Verzicht auf eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
  
  Eine Initiative von etwa 60 CDU-Mitgliedern fordert, dass der bereits für AfD und Linke geltende Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU auf das BSW ausgeweitet wird. Er schließt „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ aus. Für die Ausweitung wäre allerdings ein Parteitagsbeschluss nötig – der nächste CDU-Parteitag ist erst für Juni 2025 geplant. Bis dahin fordert die Initiative laut „Tagesspiegel“, dass sich Präsidium und Bundesvorstand aktiv gegen Koalitionen mit dem BSW einsetzen.
  
  Unterstützung für die Initiative kommt von bekannten CDU-Politikern wie dem Außenexperten Roderich Kiesewetter, dem designierten Chef des Arbeitnehmerflügels CDA, Dennis Radtke und CDU-Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner. Radtke sagte dem „Tagesspiegel“: „Die CDU steuert auf einen Abgrund zu, wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen.“ Kiesewetter, stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, sagte dem „Tagesspiegel“: „Das BSW agiert als verlängerter Arm des Kreml.“
  
  Das BSW war in Sachsen und Thüringen erstmals bei Landtagswahlen angetreten und aus dem Stand in beiden Ländern auf zweistellige Ergebnisse gekommen. In Sachsen ist rein rechnerisch keine Mehrheitsregierung ohne BSW machbar. Nun stellt sich die Frage: Wie stabil steht die sogenannte Brandmauer der CDU nach rechts und wie durchlässig ist sie nach links?
  
  In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagte CDU-Chef Friedrich Merz, seine Partei sei jetzt in der Verantwortung, für stabile Regierungen zu sorgen. Dabei gebe es eine klare Verabredung: „Es gibt keine Koalition mit der AfD, auch keine Zusammenarbeit mit der AfD und das Gleiche gilt für die Linkspartei.“ Das BSW sei für die CDU „eine weitgehend unbekannte Größe“, so Merz.
  
  Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel beansprucht nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen eine Regierungsbeteiligung. Die Wähler hätten sich in beiden Bundesländern klar für eine Mitte-Rechts-Koalition und eine Beteiligung der AfD entschieden, sagte Weidel.
  
  Zur Empfehlung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), vom Begriff der „Brandmauer“ gegenüber der AfD Abstand zu nehmen, sagte Merz: „Das Wort Brandmauer hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört. Das ist uns immer von außen aufgenötigt worden.“
  
  Der CDU-Chef räumte ein, es gebe in der CDU in Westdeutschland „natürlich an vielen Stellen ein erhebliches Unbehagen mit Blick auf das, was jetzt in Thüringen und in Sachsen diskutiert wird, aber das müssen wir als CDU aushalten. Und wir sollten aus der westdeutschen Komfortzone nicht unerbetene öffentliche Ratschläge geben.“
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: dpa

• Wahlthema Migration

  

  Nach den Wahlschlappen für die Ampelparteien in Sachsen und Thüringen hat SPD-Chefin Saskia Esken die Koalitionspartner FDP und Grüne zur besseren Zusammenarbeit aufgefordert. Im Anschluss an die SPD-Präsidiumssitzung am Montag betonte Esken, dass die Bundesregierung die Verantwortung habe, weiterzumachen und beschlossene Projekte schnell umzusetzen, die für den Alltag der Menschen wichtig seien. Als Beispiele nannte Esken die Rentenreform und die Mietpreisbremse.
  
  Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner stellte die Ampel-Koalition nicht in Frage. Die FDP stehe zu ihrem Wort und zum Koalitionsvertrag. Den Grund für das Debakel für die Ampel-Parteien sieht Lindner vor allem im Thema Migration. Bürgerinnen und Bürger hätten „die Schnauze voll“, dass der Staat womöglich die Kontrolle bei dem Thema verloren haben könnte, betonte der FDP-Chef. Es müsse jetzt gehandelt werden. Dabei seien Denkverbote fehl am Platz. Die FDP sei offen, auch über Änderungen der europäischen Gesetze oder auch des Grundgesetzes zu sprechen.
  
  Die Ampel-Koalition hat bereits mehrfach Verschärfungen beschlossen, so etwa zu Jahresbeginn Erleichterungen bei Abschiebungen. Zudem will Kanzler Olaf Scholz (SPD) bis Jahresende Prüfergebnisse zu der Frage vorlegen, ob Asylverfahren in Staaten außerhalb Europas möglich sind.
  
  Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte nach einer Bund-Länder-Beratungam Dienstag, die Maßnahmen der Regierung zur Begrenzung der irregulären Migration wirkten, der Kurs solle fortgesetzt werden. „Es gibt ein Fünftel weniger Asylanträge als im Vorjahr, ein Fünftel mehr Rückführungen, mehr als 30.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen durch unsere Binnengrenzkontrollen seit Oktober 2023. Wir haben erstmals wieder gefährliche Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.“
  
  CDU und CSU gehen die Maßnahmen nicht weit genug. CDU-Chef Friedrich Merz verlangt, dass Menschen ohne Bleiberecht bereits an den deutschen Grenzen abgewiesen werden. Merz hat der Bundesregierung eine Frist bis zum nächsten Dienstag gesetzt, um auf die Forderungen der Union für eine gemeinsam getragene Asylreform einzugehen. SPD und Grüne haben das „Ultimatum“ zurückgewiesen.
  
  Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen waren Migration und innere Sicherheit wichtige Themen. Die migrationskritischen Parteien AfD und BSW konnten Erfolge verbuchen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bewertete das Abschneiden der AfD mit mehr als 30 Prozent als „bedrückend“. Das massive Erstarken der in beiden Bundesländern vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Partei führte Scholz auf drei Themen zurück: Wachsende Unsicherheit in Zeiten des Umbruchs, irreguläre Migration, Ukraine-Krieg.
  
  Die massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen verunsicherten viele Bürger, erklärte der Kanzler bei einem Bürgergespräch am Mittwoch in Berlin. Als Beispiel nannte er den Umbau der Wirtschaft, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern. Auch beim Thema irreguläre Migration müsse die Bundesregierung nun zeigen, dass sie es im Griff habe. „Das ist das, worum ich mich bemühe.“ Was den Ukraine-Krieg angeht, ist Scholz dagegen nicht bereit, seinen Kurs zu ändern. „Ich bleibe bei meinem besonnenen Kurs, aber eben einem Kurs der Unterstützung.“
  
  Bundesfinanzminister Lindner will die Ampel-Koalition an ihrer Handlungsfähigkeit messen. „Wachstumsinitiative, Konsequenz und Kontrolle bei der Migration (..) das sind jetzt zwei der Schlüsselaufgaben für diesen Herbst“, betonte Lindner. In der kommenden Woche bringt Lindner für die Bundesregierung den Haushaltsentwurf für 2025 in den Bundestag ein. Die Ampel hatte sich erst nach mühsamen Verhandlungen auf einen Kompromiss verständigt – der dann noch einmal nachverhandelt wurde.
  
  Beim Bürgergespräch am Mittwochabend war Bundeskanzler Scholz gefragt worden, wie er sich das Bild einer heillos zerstrittenen Ampel erkläre. Scholz unternahm daraufhin keinen Versuch der Erklärung, sondern erwiderte: „Die Wahrheit ist: Sie haben recht.“
  
  
  Quellen:  Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

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