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Wegen Tierschutz:Norwegen verbietet Pelzfarmen
von Sohad Khaldi und Monja Nagel
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Millionen Nerzen und Füchsen geht es wegen ihres Fells an den Kragen. Ab dem 1. Februar ist in Norwegen Schluss damit. Tierschützer jubeln, Züchter sorgen sich um ihre Existenz.
FILE - In this file photo dated Friday Nov. 6, 2020, mink look out from a pen on a farm near Naestved, Denmark. Danish Prime Minister Mette Frederiksen has appointed Thursday Nov. 19, 2020, a new agriculture minister, after Mogens Jensen resigned after the government ordered the culling of all Danish mink because of the coronavirus, but without having the necessary legislation in place first.(Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix via AP);DENMARK OUT
Quelle: AP
Jon Sørby war der Letzte. Sein Betrieb im norwegischen Brumunddal ist stillgelegt. Nur zwei Pferde grasen auf dem großen Gelände, wo der Landwirt vor kurzem noch 1850 Nerze hielt. 1973 hatte er die Farm von seinem Vater übernommen. Heute stehen nicht einmal mehr die Stallgebäude. "Eine Schande," sagt er, "viele Farmer stehen vor dem Aus." Das Ganze sei eine enorme psychische Belastung, von den hohen Schulden ganz abgesehen.
Pelzfarmen bisher lohnendes Zusatzgeschäft
Für ihn und rund 200 weitere Viehbauern in Norwegen war die Pelzzucht über Jahrzehnte ein lukratives Zusatzgeschäft. Rund eine Million Felle wurden jedes Jahr in Norwegen produziert. Und damit bis zu 50 Millionen Euro erwirtschaftet. Dann entschied die norwegische Regierung 2019, alle bestehenden Farmen bis 2025 schließen zu lassen, und die Eröffnung neuer Farmen zu verbieten.
Tierschützer: "Veraltet und grausam"
Für die Branche ein "großer Schritt in die falsche Richtung," so Guri Wormdahl vom norwegischen Pelzzüchterverband. Deren Argumente: kaputte Existenzen, verlorene Arbeitsplätze, bessere Haltungsbedingungen als in anderen Ländern. Freude dagegen bei der norwegischen Tierschutzgruppe Noah. Das Geschäft mit den Tierpelzen sei veraltet und grausam. Und so spricht Siri Martinsen von einem großen Sieg für das Tierwohl in Norwegen. "Damit wird deutlich, dass der Tierschutz stärker wiegt als finanzielle oder geschäftliche Interessen."
Norwegen: Verbot als Signal
Und tatsächlich ist es ein Zeichen über das skandinavische Land hinaus. Dafür, dass Pelz - selbst in einer Nation, die einst der führende Produzent von Fuchspelzen war - aus der Mode gekommen ist. Derzeit gibt es in der EU noch etwa 1.000 aktive Pelzfarmen mit circa 7,7 Millionen Tieren. In insgesamt 17 EU-Ländern - mehr als der Hälfte der Mitgliedsstaaten - sind Pelzfarmen bereits komplett oder teilweise verboten. So zum Beispiel in Großbritannien und den Niederlanden, Rumänien, Schweden, der Slowakei sowie Estland und Litauen. In Deutschland gibt es kein Pelzfarmverbot, aber seit 2019 auch keine Farmen mehr. Zu streng die Regularien.
EU will über generelles Verbot von Pelzfarmen beraten
Polen und Griechenland produzieren zurzeit am meisten, gefolgt von Dänemark und Finnland. Auf Druck der Tierschützer will die EU nun über ein generelles Verbot beraten. Zumal die Nachfrage kontinuierlich zurückgeht. Seit 2020 hat sich die Produktion von Pelz mehr als halbiert. Heimliche Filmaufnahmen hatten immer wieder für Empörung gesorgt und für ein Umdenken bei Verbrauchern und Modemarken. Das liegt nicht nur an den Sensibilisierungs-Kampagnen. Auch Virologen und Wissenschaftler fordern längst, dass die Pelztierhaltung, insbesondere von Nerzen, beendet werden sollte - im Interesse der Pandemievorsorge.
Entschädigungen für Ex-Pelztierfarmer
In Norwegen kam der Beschluss durch Koalitionsverhandlungen zustande. Jon Sørby war der Letzte, der den Betrieb einstellte. Seine Tiere verkaufte er nach Dänemark und ging in Rente. Die anderen Tierhalter mussten sehen, wie es für sie weitergeht. Die Regierung half ihnen mit hunderten Millionen Euro Entschädigung, andere Einnahmequellen zu finden.
Sohad Khaldi ist Reporterin im ZDF-Studio Schleswig-Holstein und Skandinavien.
Quelle: dpa
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