Putins Angstherrschaft - Was passiert bei ZDFheute live?
Fast täglich Prozesse und Haftstrafen gegen Oppositionelle oder auch einfache Bürger. Hinzu kommen immer wieder verschärfte Gesetze: Wladimir Putin geht in Russland immer härter gegen Kritik vor – oder was er als solche versteht.
25 Jahre Straflager mit besonders harten Haftbedingungen: So lautete am Montag das beispiellose Urteil gegen Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa wegen Hochverrats. Er hatte Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde. Der russische Friedensnobelpreisträger Jan Ratschinski sagte vor dem Gerichtsgebäude, das Urteil erinnere an die Zeiten unter Sowjetdiktator Josef Stalin.
Schon am Tag darauf folgte der nächste, aufsehenerregende Gerichtstermin: die Anhörung des US-Journalisten Evan Gershkovich. Laut FSB soll der Wall Street Journal-Korrespondent geheime Informationen für US-Stellen gesammelt haben. Die US-Zeitung hatte dies zurückgewiesen und betont, dass Gershkovich mit seiner Akkreditierung des russischen Außenministeriums seiner journalistischen Arbeit nachgegangen sei. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.
Am Mittwoch scheiterte dann Kremlkritiker Ilja Jaschin vor einem russischen Gericht mit seiner Berufung. "Putin ist ein Kriegsverbrecher, aber hinter Gittern bleibe ich", übertrugen unabhängige russische Medien Jaschins Worte, mit denen er sich an die Richter wandte. "Das ist doch eine komische Situation, finden Sie nicht?"
International Schlagzeilen macht weiter der Fall von Alexej Moskaljow: Nachdem seine Tochter in der Schule ein Antikriegsbild gemalt hatte, durchsuchte die Polizei Moskaljows Wohnung und stellte fest, dass er sich in sozialen Medien negativ über den Krieg geäußert habe. Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, floh jedoch Stunden vor der Urteilsverkündung aus dem Hausarrest. Im benachbarten, mit Moskau verbündeten Belarus wurde er später festgenommen und an Russland ausgeliefert.
Aber diese Gerichtsurteile sind nicht alles. Ende vergangener Woche unterschrieb Putin Gesetzesänderungen, die ermöglichen, dass Männer mit sofortiger Wirkung leichter zum Militär eingezogen werden können - mit weitreichenden Folgen. Bisher mussten Einberufungsbescheide persönlich zugestellt werden. Der Zugang zu Krediten, die Anmeldung einer Wohnung oder die Zulassung eines Autos soll Verweigerern künftig verwehrt werden. Die Maßnahmen betreffen auch Russen, die aus ihrem Land geflohen sind.
Wie weit geht Putin noch? Was verraten diese Prozesse und Gesetzesänderungen über den Zustand seines Machtapparats? Und wir groß ist die Willkür, der die Bevölkerung ausgesetzt ist? Darüber spricht ZDFheute live mit dem Memorial-Vorsitzenden und Friedensnobelpreisträger Jan Ratschinski, ZDF-Korrespondentin Nina Niebergall und Russland-Experte Nico Lange.
Verschärfung der Situation für Kreml-Kritiker in Russland
Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 haben die russischen Behörden das Vorgehen gegen Oppositionelle verschärft. Fast alle der bekanntesten politischen Gegner Putins sind aus dem Land geflohen oder befinden sich im Gefängnis. Insbesondere der Fall des Oppositionspolitikers Nawalny sorgte im Westen für Empörung. Immer wieder neu eingeleitete Verfahren und unmenschliche Haftbedingungen unterstreichen Putins Verbreitung von Angst und Schrecken.
Im Westen wird das Vorgehen Putins schwer kritisiert. So forderte die Bundesregierung die Freilassung Kara-Mursas. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts betonte, dass Urteile wie seines zur Abschreckung dienen und gezielt an staatskritische Stimmen gerichtet sind. Auch die EU meldete sich zu Wort und missbilligt den Beschluss:
"Die ungeheuerlich harte Gerichtsentscheidung zeigt einmal mehr, dass die Justiz politisch missbraucht wird, um Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und alle Stimmen, die sich gegen den unrechtmäßigen russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine aussprechen, unter Druck zu setzen", so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
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