Russische Kritik an Putin - Was passiert bei ZDFheute live?
In seiner Rede zur Lage der Nation hat Kreml-Chef Putin die Einheit und Stärke Russlands beschworen – heute, kurz vor dem Jahrestag des Angriffskrieges auf die Ukraine, rief er die Bevölkerung laut Medienberichten noch einmal zur Solidarität mit den russischen Truppen auf. Das ganze Land stehe hinter ihnen, erklärte Putin. Aber steht auch das ganze Land noch hinter seinem Präsidenten? Durch die Elite geht ein Riss. Während die einen mehr Härte fordern, kritisieren andere den militärischen Kurs.
Jewgeni Prigoschin, Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, beschuldigt das russische Oberkommando seit Tagen, die Söldner im Kampf um die Stadt Bachmut in der Ostukraine nicht mit Munition zu versorgen. Und der ehemalige Separatistenführer Igor Girkin kritisierte sogar Putin nach dessen Rede offen: "Fast 40 Minuten lang wurde fast nichts gesagt", schrieb er auf Telegram. "Bla, bla, bla. Es hat keinen Sinn zuzuhören." Die Opposition leistet zwar weiter vereinzelt Widerstand, ist aber zu schwach, um etwas ändern zu können. Viele haben das Land verlassen. Und die Mehrheit der Bevölkerung ist zum Schweigen verdammt, sagen Experten.
Wie loyal sind die Russen gegenüber Putin? Gibt es Widerstand gegen den Präsidenten sogar aus den eigenen Reihen? Darüber spricht ZDFheute live mit Nico Lange, Russland- und Militärexperte und Anna Kiseljowa, Oppositionspolitikerin aus St. Petersburg und Mitinitiatorin einer Petition zur Amtsenthebung des Präsidenten.
Bis zu 15 Jahre Haft für Kriegsgegner
Die lautesten Kritiker Putins und des Militärs stammen meist aus rechtsnationalen Kreisen - das zeigt, dass sich der öffentliche Protest selten gegen den Ukraine-Krieg richtet. Kritisiert wird in erster Linie die verlustreiche Kriegsführung. Zu den eigenen Verlusten das russische Verteidigungsministerium meistens. Als es nach einem ukrainischen Raketenangriff Anfang Januar den Tod von 63 Soldaten einräumen musste, kam gerade von Militär-Bloggern scharfe Kritik. Auch mehrere Abgeordnete forderten Konsequenzen für Offiziere:
Diese Art der Opposition wird vom Kreml größtenteils geduldet, auch weil sie sich selten gegen Präsident Putin persönlich richtet. Wer hingegen das Ende des Krieges fordert oder auch nur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine artikuliert, muss mit harten Repressionen rechnen. Auch vermeintlich unabhängigen Umfragen zur Zustimmung des Krieges sei deshalb nicht zu trauen, erklärt Leonid Wolkow, ein enger Vertrauter des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny:
Wolkow lebt im Exil und gehört somit zu schätzungsweise einer Million Russen, die das Land seit Kriegsbeginn verlassen haben. Wer noch da ist, schweigt zu einem überwiegenden Teil.
Mit Material von ZDF. dpa, reuters
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