Munition gesucht - Was passiert bei ZDFheute live?
Panzer, Flugabwehrraketen und Granatwerfer – über Monate diskutierte der Westen, mit welchen hochkomplexen Waffensystemen die Ukraine unterstützt werden könnte. Nun wird deutlich: Kiew fehlt es vor allem an Munition. Laut einer Schätzung des estnischen Verteidigungsministeriums verfeuert die Ukraine pro Tag bis zu 7.000 Artilleriegeschosse. Die europäische Rüstungsindustrie könne allerdings nur rund 25.000 Geschosse pro Monat produzieren – so viel, wie Russland an einem Tag verschieße.
In der schwedischen Hauptstadt Stockholm haben die EU-Verteidigungsminister über gemeinsame Munitionslieferungen beraten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell legte einen Plan für ein "außerordentliches Hilfspaket von einer Milliarde Euro" vor. Demnach sollen die EU-Länder Nachschub aus ihren eigenen Armeebeständen an die Ukraine liefern. Sie können dafür aus der sogenannten Friedensfazilität entschädigt werden – einem Topf außerhalb des EU-Haushalts, mit dem die Mitgliedsländer bisher Waffenlieferungen an die Ukraine finanziert haben. Mit diesen Mitteln könnten nach EU-Angaben rund 250.000 Schuss Munition geliefert werden. Der ukrainische Verteidigungsminister, Oleksij Resnikow, fordert allerdings das Vierfache. Sein Land brauche dringend "eine Million Schuss Munition", um sich gegen Russland zu verteidigen.
In den vergangenen Tagen meldeten zudem auch russische Truppen Munitionsmangel. Es brauche mehr Granaten für die Kämpfe um die ostukrainische Stadt Bachmut, sagte der Chef der privaten Söldnertruppe Wagner Jewgenij Prigoschin. Er wirft dem russischen Verteidigungsministerium vor, dass seine Kämpfer beim Nachschub benachteiligt werden.
Könnte der Munitionsmangel auf beiden Seiten kriegsentscheidend sein? Darüber spricht ZDFheute live mit dem Militärexperten Prof. Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. ZDF-Reporter Henner Hebestreit berichtet aus der Ostukraine.
An der Front fehlt Munition, berichten Soldaten
Wie dringend Munition an der Front benötigt wird, unterstreicht ein Bericht des ukrainischen Onlinemediums "Kyiv Independent" über die mangelhafte Ausstattung der ukrainischen Armee im seit Monaten umkämpften Bachmut. "Wenn wir Munition bekommen, bekommen wir 10 Granaten pro Tag", wird Ilia, ein Mörserschütze der ukrainischen Nationalgarde, in dem Text zitiert. "Das reicht für eine Minute Arbeit."
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius verteidigt unterdessen sein Vorgehen, "in kleinem Umfang" Munitionsbestände der Bundeswehr zurückzuhalten: "Das müssen wir. Was wäre wohl los, wenn ich meine sämtlichen Depots freiräumen würde und nicht sicherstellen könnte, bis wann ich sie wieder einigermaßen füllen kann", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Es gebe laufende Rahmenverträge mit der Rüstungsindustrie. "Daraus rufen wir ab."
Umso wichtiger sei daher das schnelle Hochfahren der europäischen Produktionskapazitäten. Das würde aber wohl vor allem langfristig helfen. Wohl auch deswegen fordert Josep Borrell kurzfristig den gemeinsamen Einkauf von Munition durch die Europäische Verteidigungsagentur EDA. Damit sollen sowohl Lücken in den Lagern der Mitgliedstaaten gefüllt als auch die langfristige Unterstützung für die Ukraine gesichert werden.
Die Nato-Vorgabe, dass ihre Mitgliedsstaaten stets Reserven für mindestens 30 Tage haben sollen, erfüllt aktuell kaum ein europäischer Staat.
Mit Material von ZDF, dpa, dlf, kyiv independent
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