Urteil gegen Lina E.: Gerechte Strafe für Linksextremistin?
Es war einer der größten Prozesse gegen Linksextremisten, die es in den letzten Jahren gab. Nach anderthalb Jahren verkündete das Oberlandesgericht Dresden heute das Urteil gegen Lina E.: fünf Jahre und drei Monate Haft. Der Vorwurf der Bundesanwaltschaft: Mitgliedschaft in einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung und sechs Übergriffe auf Neonazis und mutmaßliche Neonazis.
Die Bundesanwaltschaft identifizierte die 28-jährige Lina E. als Kopf einer Gruppe – die drei weiteren Angeklagten müssen für bis zu drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Ursprünglich wurde von der Bundesanwaltschaft eine noch längere Haftstrafe von acht Jahren gefordert.
Streit um Beweislage und Kronzeugen
Als Beweise führte sie DNA-Spuren, abgehörte Telefonate und Fotos vom Tatort auf. Trotzdem gebe es keine Satzung, kein Kassenbuch, keinen schmissigen Namen oder einen Gruppenchat, räumte die Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn ein. Es fehle an einer "Smoking Gun" - einem Hauptbeweis.
Der Vorwurf einer kriminellen Vereinigung stützte sich deshalb hauptsächlich auf die Aussage eines Kronzeugen, der selbst an einem der Angriffe beteiligt war, der linksextremen Szene aber inzwischen den Rücken gekehrt hat. Er berichtete, dass die Gruppe sich in Trainings auf den Kampf gegen politische Gegner vorbereitet habe.
Die Verteidigung plädierte wegen mangelnder Beweise in fast allen Anklagepunkten für einen Freispruch. Sie wies dabei die Vorwürfe nicht nur zurück, sondern warf der Justiz auch eine voreingenommene Ermittlung vor, nach dem Motto "Im Zweifel gegen den Angeklagten".
Wie hart ist das Urteil gegen Lina E.? Führt das zu einer weiteren Radikalisierung der linken Szene? Darüber spricht ZDFheute live mit Extremismusforscher Prof. Dr. Hendrik Hansen und dem Strafrechtler Prof. Dr. Sönke Florian Gerhold. ZDF-Reporterin Steffi Moritz-Möller ist vor Ort und schildert ihre Eindrücke.
Geteilte Reaktionen der Politik auf das Urteil gegen Lina E.
Die politische Brisanz der Urteile gegen Lina E. und weitere Linksextremisten lässt sich anhand der unterschiedlichen Reaktionen aus der Bundespolitik erkennen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) unterstützt das Urteil. Auch wenn es wichtig sei, die liberale Demokratie vor ihren Feinden zu schützen, sei Selbstjustiz der falsche Weg.
Die Gruppe der Linksextremisten ist insbesondere wegen Angriffen gegen Rechtsextreme angeklagt worden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) pflichtet ihrem Kabinettskollegen bei:
Aus den Reihen der Ampel-Parteien gibt es jedoch auch kritische Stimmen zum Urteil. Der Chef der Grünen Jugend, Timon Dzienus, bewertet das Urteil anders als die beiden Bundesminister:
Als Reaktion auf diesen und weitere Tweets von Dzienus warf der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries der Grünen Jugend ein "Extremismusproblem" vor und bezeichnete den Vorsitzenden als "untragbar".
Mit Material von ZDF und dpa.
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