Franziska Hentke ließ ihrer Freude freien Lauf. "Ich weiß nicht, was ich denken soll", sagte sie weinend und mit stockender Stimme wenige Minuten nach ihrem bisher größten Karriere-Erfolg. "Das war einfach ein geiles Rennen. Es kann gut sein, dass ich noch gewonnen hätte, wenn es noch fünf Meter länger gegangen wäre. Aber scheißegal, ich habe die blöde Medaille."
"Gönne mir was"
Bei Olympia in Rio de Janeiro hatte die damals ebenfalls in Top-Form angereiste Hentke noch eine gute Platzierung verpasst. Auch in Brasilien gab es von ihr Tränen - allerdings vor Enttäuschung. "Heute Abend gönne ich mir was, was ich mir lange nicht gegönnt habe", sagte sie: "Was, weiß ich noch nicht."
Bei der Siegerehrung reckte sie beide Arme nach oben, während auf der Tribüne schwarz-rot-goldene Fahnen geschwenkt wurden. Die Silbermedaille von Hentke war das erste Edelmetall für die deutschen Beckenschwimmer bei den Weltmeisterschaften in Ungarn.
"Die Krönung"
"Wir haben lange auf die Medaille warten müssen", sagte Bundestrainer Henning Lambertz und nannte Hentkes Leistung "die Krönung". Die 28-jährige schlug nach 2:05,39 Minuten als Zweite an. Nur Mireia Belmonte aus Spanien war in 2:05,26 Minuten noch schneller. Bronze ging an Katinka Hosszú aus Ungarn. Für Hentke war es die erste WM-Medaille auf der Langbahn.
Für Marco Koch dagegen sind die Einzelrennen früher beendet als geplant. Er scheiterte über 200 Meter Brust im Halbfinale. Der Titelverteidiger belegte in 2:09,61 Minuten Platz elf in den Semifinals. Koch hatte vor der WM Mühe gehabt, seine Form einzuschätzen und sich selbst als "Wundertüte" bezeichnet. Das neue, kraft-orientierte Trainingskonzept könne nicht "von heute auf morgen" den Erfolg bringen, erklärte Koch im ZDF-Interview: "Bis 150 Meter habe ich mich gut gefühlt." Lambertz sagte: "Sehr schade. Woran es gelegen hat, muss er in Ruhe mit seinem Trainer analysieren."
Hose gerissen
Koch war eine Minute vor dem Start die Innenhose der Badehose gerissen. "Da ist mir bei jedem Beinschlag Wasser in die Hose gelaufen", erzählte er, wollte dies aber nicht als Entschuldigung verstanden wissen. "Das ist kein angenehmes Gefühl, aber es macht wahrscheinlich auch nicht unheimlich viel aus."
Der von Lambertz als "heißestes Eisen" bezeichnete Philip Heintz verpasste über 200 Meter Lagen das Podium deutlich und in 1:57,43 Minuten wurde Siebter. "Schwer zu sagen, wie ich mich fühle", sagte er dem ZDF direkt nach dem Rennen völlig entkräftet. Er stützte die Arme auf die Knie und pustete erstmal eine halbe Minute durch. "Alles was ich sagen kann, ist: Ich habe alles gegeben, ich bin total fertig. Ich habe gehofft, es geht schneller." Gold holte der US-Amerikaner Chase Kalisz in Weltjahresbestzeit von 1:55,56 Minuten. Damit war er zwei Hundertstelsekunden schneller als Heintz bei seiner Weltjahresbestmarke von den deutschen Meisterschaften Mitte Juni in Berlin.
Dressel gewinnt 100 Meter Freistil
Über 100 Meter Freistil sicherte sich Caeleb Dressel aus den USA Gold. Die Brasilianerin Etiene Medeiros holte auf der 50-Meter-Strecke den Titel im Rückenschwimmen. In der 4 x 200 Meter Freistil-Staffel waren die US-Amerikanerinnen Leah Smith, Mallory Comerford, Melanie Margalis und Rekordweltmeisterin Katie Ledecky, die ihre insgesamt dreizehnte Goldmedaille bei Weltmeisterschaften gewann, nicht zu schlagen.