Man mag in ihr die früheste Heldin unserer abendländischen Geschichte sehen: Jeanne d’Arc. Sie war eine junge Frau, die felsenfest von ihrem göttlichen Auftrag und ihrer Mission überzeugt war und, auf dem Höhepunkt des "Hundertjährigen Krieges", zur Retterin Frankreichs wurde.
Eine Frau – eher noch ein Mädchen – aus dem einfachen Volk, die sich beherzt und unbeirrt gegen alle Institutionen durchzusetzen versuchte. Ihre Siege verhalfen dem französischen Dauphin Karl zur Krönung in der Kathedrale von Reims, doch am Ende wurde sie Opfer eines politisch motivierten Prozesses und scheiterte an der starren Ordnung des mittelalterlichen Gesellschaftssystems. 1431 starb sie auf dem Scheiterhaufen in Rouen.
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Die Passion der Jeanne d’Arc bewegt die Gemüter bis heute, in Frankreich wird sie als Nationalheldin und Heilige verehrt. Dabei war ihre Ausgangslage denkbar schlecht: Sie hatte das falsche Alter, die falsche Herkunft, das falsche Geschlecht. Um 1412 in Domrémy, einem kleinen Dorf in der Region Lothringen, geboren, war sie als Tochter eines freien Bauern wie damals üblich schon früh einem jungen Mann zur Ehefrau versprochen worden. Doch Jeanne weigerte sich. „Innere Stimmen“, die sie später als Stimmen des Erzengels Michael, der Heiligen Katharina und der Heiligen Margarethe deutete, hätten ihr geraten, keusch zu bleiben und Frankreich von den Engländern zu befreien.
Das französische Königreich befand sich um 1425 in einer katastrophalen Situation: Die Engländer hielten den Nordwesten Frankreichs besetzt, in Paris herrschten Engländer und Burgunder gemeinsam. Zusätzlich war Frankreich durch einen blutigen Bürgerkrieg entzweit. Der französische Thronfolger Karl hatte sich zum König ausrufen lassen, doch schien seine Krönung aussichtslos, da sich der traditionelle Krönungsort Reims in der Hand seiner Feinde befand. Was heute unglaublich klingt, ist damals wirklich geschehen: Die 16-jährige Jeanne verließ ihr Elternhaus in Domrémy und machte sich auf, die Feinde Frankreichs zu vertreiben. Dabei stützte sie sich auf die Legende von der uralten Weissagung des Magiers Merlin, wonach eine „Jungfrau aus dem Eichenwald zur Rettung Frankreichs erscheinen werde“. „Ich wünschte von ganzen Herzen“, sagte Jeanne später, „dass der König sein Reich zurückerlange.“
Göttlicher Auftrag
Mit fester Überzeugung, von Gott gesandt zu sein und großer Hartnäckigkeit gelang es ihr nach Monaten tatsächlich, vor Karl zu treten. „Ich heiße Jeanne die Jungfrau, und Euch tut der König des Himmels durch mich kund, dass Ihr in der Stadt Reims gesalbt und gekrönt werdet…“, soll ihn das Bauernmädchen angesprochen haben. Karl, der als schwach und entschlusslos galt, war tief beeindruckt von der unbeirrbaren Sicherheit, mit der Jeanne auf die Erfüllung ihres göttlichen Auftrages drängte. Nachdem sie langwierige Befragungen erfolgreich überstanden hatte, ordnete Karl an, Jeanne mit Kriegsleuten und einem ehrenvollen Geleit nach Orléans zu schicken, um die Stadt von den Engländern zu befreien.
Die Bauerntochter erhielt eine eigene Rüstung, ein mit Lilien besetztes Banner und ein Schwert, mit dem sie wenig später in die Schlacht zog. Orléans war seit einem halben Jahr von den Engländern belagert, die Lage der Bewohner der Stadt verzweifelt. Schon vor ihrem Eintreffen wurde Jeanne d‘Arc als Retterin gefeiert. Tatsächlich gelang ihr – trotz einer schmerzhaften Verwundung an der Schulter – der Sieg. Jeanne hatte damit das „Zeichen“ ihrer göttlichen Sendung gegeben. Ihr Ruhm als „Jungfrau von Orléans“ verbreitete sich rasch im ganzen Königreich. Ohne formelle Befehlsgewalt hatte sie die Truppen des Thronfolgers mit ihrer Glaubenskraft, ihrem Enthusiasmus und ihrem Sendungsbewusstsein zu einem Erfolg geführt, der mehr war als nur ein Sieg: Nach Jahren der Erniedrigungen und Niederlagen führte er eine entscheidende Wende im Hundertjährigen Krieg herbei.-
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Jeannes glücklichste Stunde
Weitere Schlachten folgten, bei denen es Jeanne gelang, Städte und Schlösser wieder unter die Herrschaft Frankreichs zu bringen. Und schließlich konnte am 17. Juli 1429 Karl in der Kathedrale von Reims zum König gekrönt werden – es war Jeannes glücklichste Stunde. Mit ihrem Banner in der Hand verfolgte Jeanne d’Arc die gesamte Zeremonie aus nächster Nähe. Für das einfache Volk war sie die eigentliche Heldin des Tages.
Doch Jeannes d’Arcs Kriegsglück hielt nicht länger an: Der Angriff auf Paris scheiterte, der Einfluss der „Jungfrau“ auf König Karl III. schwand, ihre Neider gewannen die Oberhand. Als sie am 23. Mai 1430 in die Hände ihrer Feinde geriet, hoffte sie auf Rettung durch ihren König. Aber Karl tat nichts, um die „Jungfrau“ zu befreien. In Rouen wurde ihr der Prozess gemacht, man klagte sie der Hexerei, des Götzendienstes, des Umgangs mit Dämonen und der „gotteslästerlichen Gewohnheit, Männerkleidung zu tragen“ an. Es war ein politisches Tribunal, von den Engländern im Hintergrund gelenkt – Jeanne d‘Arc hatte keine Chance.
Gereinigt und frei
Am 30. Mai 1431 ließ die 19-Jährige auf dem Scheiterhaufen in Rouen ihr Leben. Als die Flammen sie erfassten, soll sie mit lauter Stimme „Jesus!“ gerufen haben, bevor sie ihr Haupt neigte und starb. Selbst englischen Soldaten, ihren Feinden, standen Tränen in den Augen. 1456 wurde auf Betreiben Karls III. die Verurteilung Jeannes wieder aufgehoben: „Wir erklären somit die genannte Jeanne als gereinigt und frei von jedem Schimpf und jedem Makel“, erklärten die Richter. 1920 wurde die "Jungfrau von Orléans" heiliggesprochen.
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