Die Sachbuch-Bestenliste für März 2025
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Eine Jury aus 30 Kritikerinnen und Kritikern von ZDF, Deutschlandfunk Kultur und DIE ZEIT empfiehlt monatlich zehn herausragende Bücher.
TOP TEN März 2025
1. (-) Laura Wiesböck, Digitale Diagnosen. Psychische Gesundheit als Social-Media-Trend, Zsolnay
Trauma, triggern, toxisch: auf Social Media wird munter psychologisiert. Die Soziologin Laura Wiesböck wirft einen kritischen Blick auf den "Mental Health"-Trend. Während einerseits Krankheiten enttabuisiert werden, droht andererseits die Pathologisierung gewöhnlicher Lebenskrisen. Ein Plädoyer, emotionale Ambivalenzen auch mal auszuhalten. 89 Punkte
2. (1) Volker Weiß, Das Deutsche Demokratische Reich. Wie die extreme Rechte Geschichte und Demokratie zerstört, Klett-Cotta
Welches Geschichtsbild vertritt die extreme Rechte in Deutschland? Der Historiker Volker Weiß analysiert, wie AfD und Co. die Vergangenheit uminterpretieren, um die Gegenwart zu verändern. Ihr Ziel: Eine Synthese vergangener autoritären Systeme, hin zu einem "Deutschen Demokratischen Reich". 77 Punkte
3. (-) Racha Kirakosian, Berauscht der Sinne beraubt. Eine Geschichte der Ekstase, Prophyläen
Schon als Kind spüren wir sie beim Schaukeln: die Ekstase. Seit jeher erhoffen sich Menschen von ekstatischen Erfahrungen Bewusstseinserweiterung und spirituelle Erlösung. Manch einer wird aber auch anfällig für Manipulation und Fanatismus. Die Altgermanistin Racha Kirakosian erzählt eine facettenreiche und ambivalente Kulturgeschichte. 51 Punkte
4. (-) Martin Mittelmeier, Heimweh im Paradies. Thomas Mann in Kalifornien, Dumont
Los Angeles in den 1940er-Jahren: Mit Arnold Schönberg, Theodor W. Adorno oder Vicki Baum tummeln sich die Intellektuellen der alten Welt an der Pazifikküste. Der König der Emigranten: Thomas Mann. Von den anderen wird er ebenso bewundert wie angefeindet. Der Literaturwissenschaftler Martin Mittelmeier erzählt von Partys, Intrigen und Heimweh unter der kalifornischen Sonne. 51 Punkte
5. (-) Joseph Vogl, Meteor. Versuch über das Schwebende, C.H. Beck
"Meteor"ist altgriechisch für die Ganzheit aller schwebenden Gegenstände wie Wolken oder Gestirne. Der Philologe Joseph Vogl erkundet damit jene diffusen Erscheinungen, die sich noch nicht in der Schwere der Begriffsordnung eingerichtet haben. Von Kafka bis Galilei: eine essayistische Suche nach Zuständen der Leichtigkeit, die sich der scheinbar versteinerten Weltlage widersetzen. 45 Punkte
6. (-) Pankaj Mishra, Die Welt nach Gaza, a. d. Englischen von L. S. Bischoff, S. Fischer
Der indische Autor Pankaj Mishra gilt als einer der wichtigsten Intellektuellen des globalen Südens. Nun liefert er eine postkoloniale Deutung der hundertjährigen jüdisch-palästinensischen Geschichte, die zugleich eine Kritik an den Unterstützern der israelischen Kriegsführung ist. Ein streitbarer Debattenbeitrag, der eine westliche Deutungshoheit aufzubrechen versucht. 33 Punkte
7. (-) Bastian Matteo Scianna, Sonderzug nach Moskau. Geschichte der deutschen Russlandpolitik seit 1990, C.H.Beck
Seit dem Überfall auf die Ukraine gilt die jahrzehntelange Russland-Politik der Bundesregierung als gescheitert. War das von Anfang an absehbar? Der Militärhistoriker Bastian Matteo Scianna hat etliche Archivbestände ausgewertet und zeigt: Der Glaube an "Wandel durch Handel" war anfangs keinesfalls naiv – doch für den Ernstfall war man nie vorbereitet. 31 Punkte
8. (9) Stephan Lamby, Dennoch sprechen wir miteinander. Wie ein Familientreffen zu einer Reise durch die Welt der Demagogen wurde, C.H. Beck
Auf einer Familienfeier erfährt der Journalist Stephan Lamby, dass ein amerikanischer Cousin beim Sturm aufs Kapitol dabei war. Er fragt sich: Warum driften so viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft ab? Und begibt sich auf eine Reise durch die USA, Argentinien, Deutschland und Italien. Über Wert und Grenzen des persönlichen Gesprächs. 28 Punkte
9. (-) Luisa Neubauer, Was wäre, wenn wir mutig sind, rororo
Seit Jahrzehnten sind die Gefahren des Klimawandels bekannt – trotzdem werden Lösungen viel zu langsam umgesetzt. Woran liegt das? Luisa Neubauer, das Gesicht des deutschen Klima-Aktivismus, analysiert die Machtkämpfe hinter der Klimakrise – und entwirft eine realistische Utopie zur Rettung unseres Planeten. 27 Punkte
10. (-) Petra Gehring, Biegsame Expertise. Geschichte der Bioethik in Deutschland, Suhrkamp
Die Frage, wie wissenschaftliche Erkenntnisse über Mensch und Natur verantwortungsvoll genutzt werden, wird seit Jahren immer drängender diskutiert. Von Organtransplantation, Hirntoddefinition bis zu "Retortenbabys": In ihrem monumentalen Übersichtswerk zeigt die Philosophin Petra Gehring, wie die Bioethik in Parlamenten, Medien und Lehrstühlen Einzug fand. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Maja Beckers (DIE ZEIT) Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Anja Fix (3sat), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini (FAS), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Katharina Schmitz (der Freitag), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)