Klimaschützer, die sich auf Straßen kleben. Bauern, die mit Traktorenkonvois den Verkehr blockieren oder Studierende, die Universitätsgebäude besetzen: Beispiele für zum Teil radikale Formen des Protests gibt es viele. Neu ist Protest natürlich nicht. Aber was sagen die Formen der aktuellen Proteste über unsere Kultur aus, wie prägt der Protest unsere Gesellschaft?
Protest auf den Straßen - aber auch im Wald
Soziale Medien spielen heutzutage eine wichtige Rolle - aber welche? Salwa Houmsi geht der Sache nach und besucht Klimaaktivist*innen, die gegen den Autobauer Tesla ein Stück Wald im Süden von Berlin besetzt haben. Die 20 Baumhäuser blockieren momentan die geplante weitere Dezimierung des Waldes. "Selbst wenn wir geräumt werden, wir haben uns dem System entgegengestellt", sagt Aktivist Roman. "Proteste wie der unsere werden nur kriminalisiert, weil es ein wirtschaftliche Interesse gibt." Vertreter der "Letzten Generation" wollen ihren Protest gegen die Klimapolitik nun ins Europaparlament tragen.
Resonanz und Erkenntnis im Protest
Die Regisseurin Joana Georgi hat in ihrem Dokumentarfilm "Niemals allein, immer zusammen" fünf Protagonist*innen ein Jahr in ihrem Protest-Alltag mit der Kamera begleitet und erfahren, was sie antreibt und was sie ändern wollen. So unterschiedlich die Motivationen sind, alle eint ein Ziel: Die Welt soll gerechter und freier werden. Die Regisseurin erkennt: "Es gibt Formen des Protests, die nachhaltiger sind und längerfristig etwas verändern. Wir alle wissen, dass es lange dauert, Ungerechtigkeiten zu ändern." Eíne Erkenntnis der Protestforschung: Wenn sich 3,5 Prozent der Bevölkerung oder mehr am Protest beteiligen, dann sind gravierende Veränderungen möglich. Patricia Machmutoff ist eine Protagonistin im Film und findet: "Protest darf nicht nur kritisieren. Er muss auch ein alternatives Konzept vorschlagen."
Intention und Wirkung von Protest
Die Protestforscherin Nina-Kathrin Wienkoop hat die Klimaproteste wissenschaftlich untersucht: "Protest ist eine Ausübung von Versammlungsfreiheit, demokratischer Grundrechte und Meinungsfreiheit. Es ist eine Möglichkeit, um für Demokratie zu mobilisieren, natürlich aber auch dagegen." Auch in seinem Buch "Was ihr wollt. Wie Protest wirklich wirkt" zeigt Autor Friedemann Karig wie wichtig Protest ist: "Protest hat unsere Gesellschaft und viele auf der Welt schon oft grundlegend verändert. [...] Errungenschaften wie das Frauenwahlrecht oder die Ehe für alle wären ohne Protest so nicht gekommen - oder viel später. Wir alle leben in einer Welt, die ohne Protest sehr viel schlechter wäre." Kollektiver Feind vieler Protestierender sind seit Jahrzehnten Immobilienhaie. Gegen deren Macht und die eigene Ohnmacht wird schon lange protestiert – besonders in Berlin. Die Musikerin und Aktivistin Dota Kehr ist beim Bündnis "Deutsche Wohnen und Co enteignen" und hat gerade einen Song über die Wohnungsnot in Berlin geschrieben. Für sie spielt Musik eine wichtige Rolle im Protest. "Berlin wird immer mehr ein Abenteuerspielplatz für Rich Kids. Menschen mit ganz normalen Berufen werden verdrängt. Diese Entmischung, die passiert, kann man nie wieder rückgängig machen - und ich möchte nicht in einer solchen Stadt wohnen."
Stab
- Moderation - Salwa Houmsi