In Zeiten von Corona hat häusliche Gewalt zugenommen. Obwohl sie in allen sozialen Schichten vorkommt, wird Gewalt gegen Frauen immer noch vertuscht oder totgeschwiegen. Doch es gibt Vorreiter, die dafür kämpfen, dass Frauen besser geschützt werden.
Zwölf Jahre braucht es, bis Romy Stangl über ihre Gewalterfahrung redet – über den vermeintlichen Traummann, der sich nach zwei Jahren als Schläger entpuppt, der sie mit Worten demütigt und im Haus einsperrt. Ein vier Jahre währender Alptraum, der erst endet, als eine couragierte Mitarbeiterin der Kita ihres Sohnes Romy Stangl ins Frauenhaus bringt. Heute engagiert sich Romy Stangl öffentlich gegen Gewalt an Frauen. Für das National-Geographic-Projekt "Breaking the Silence of Domestic Violence" von Fotografin Irina Unruh zeigt Romy Stangl ihr Gesicht: "Jetzt will ich auch anderen Frauen Kraft geben."
Dass häusliche Gewalt mörderisch sein kann, hat die Kriminologin Jane Monckton Smith während ihrer Arbeit als Polizistin erlebt. Aus Gesprächen mit den Hinterbliebenen getöteter Frauen hat die Professorin der Universität Gloucester ein Acht-Phasen-Modell entwickelt. Das hilft der Polizei Risiko-Beziehungen zu erkennen und einzugreifen, denn: "Das vermeintliche Verbrechen aus Leidenschaft ist oft ein kaltblütig geplanter Mord." Jetzt wendet sie sich ungelösten Mordfällen an Frauen zu, um Beziehungstaten aufzudecken.
In Wien setzt das Projekt "StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt" auf diejenigen, die den Opfern häuslicher Gewalt am nächsten sind: die Nachbarn. Hinsehen, darüber reden und handeln. Wie schwer das ist, weiß Projektleiterin Maria Rösslhumer: "Zivilcourage muss man üben." Beim StoP-Frauentisch im Margareten-Viertel geht es um eigene Gewalterfahrungen und darum, wie man im Notfall eingreift - oder doch die Polizei ruft.
In vielen Fällen werden auch die Kinder Opfer in einer von Gewalt geprägten Beziehung. An der Berliner Dunant-Grundschule lernen die Schülerinnen und Schüler in einem deutschlandweit einmaligen Präventionsprojekt, was häusliche Gewalt bedeutet. Dazu gehört auch, dass die Jungen und Mädchen spielerisch erfahren, warum "Herzensgewalt" – also psychische Gewalt wie Beleidung oder Demütigung – nicht akzeptabel ist.