Nur wenige Menschen erlebten eine Vielzahl von Schlüsselmomenten des Zeitalters der Extreme so hautnah wie der in Berlin geborene britische Journalist Sefton Delmer (1904-1979). Als Auslandskorrespondent der konservativen Londoner Tageszeitung "Daily Express" berichtete Delmer seit 1928 mehrere Jahrzehnte lang vor allem aus und über Deutschland.
Inhalt des Interviews
Delmer pflegte enge Kontakte zu Ernst Röhm und begleitete Adolf Hitler 1932 während seines Wahlkampfes. Er war kurz darauf Augenzeuge des Reichstagesbrandes und der Machtergreifung, schrieb über den Spanischen Bürgerkrieg, beteiligte sich während des Zweiten Weltkrieges an der "schwarzen Propaganda" des britischen "Soldatensenders Calais" gegen den Nationalsozialismus und erlebte den Ungarischen Volksaufstand 1956.
Mit seiner 1954 erschienenen Artikelserie "How dead is Hitler?" kritisierte Delmer außerdem früh die Kontinuität von nationalsozialistischen Eliten in der frühen Bundesrepublik. In einem kontroversen Gespräch mit Günter Gaus von 1963 erläuterte der streitbare Delmer dabei sein ambivalentes Verhältnis zu Deutschland und den Deutschen, seine Position zu journalistischen Standards und Werturteilen sowie seine wechselhafte Karriere.
Die Sendereihe "Zur Person"
Dieses historische Interview stammt aus der ZDF-Gesprächsreihe „Zur Person“ mit Günter Gaus, die zwischen 1963 und 1966 ausgestrahlt wurde. Das ZDF macht diese zeitgeschichtlich sehr interessanten Gespräche erstmals in vollem Umfang in der ZDFmediathek zugänglich.
Die Gespräche muss man dabei im Kontext der Zeit sehen: Bestimmte Persönlichkeiten haben in späteren Jahren noch eine besondere Karriere gemacht, wie etwa Willy Brandt oder Franz-Josef Strauß. Die hier gezeigten Gespräche stellen somit ein historisches Zeugnis des Augenblicks dar, in dem das Interview geführt wurde.
Gleiches gilt auch für einige sprachliche Ausdrücke, die zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht so in der Diskussion waren wie in späteren Jahren. Das ZDF hat sich dennoch dafür entschieden, die Interviews in der Originalversion und ohne Kommentierung zu veröffentlichen.