"Ich bin ein Mann, der fest auf dem Boden steht." Nach der Spiegel-Affäre übernahm der CDU-Politiker und spätere vierte Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel 1962 das Amt des Bundesverteidigungsministers. Zwei Jahre später zieht er im Interview mit Günter Gaus Bilanz: über fehlende Tugenden im Nachkriegsdeutschland, die "Opposition der Intellektuellen", das Ansehen der Soldat*innen in der Gesellschaft und sein Wirken in den ehemaligen deutschen Kolonien.
Falsche Aussagen über Kolonialverbrechen
Die Aussagen von Hassels zur deutschen Kolonialherrschaft in Afrika bilden die persönliche Meinung des Interviewten ab und stimmen nicht mit den historischen Fakten überein. Im Mai 2021 wurden die Kolonialverbrechen der Deutschen an den Herero und Nama in Namibia durch das Auswärtige Amt offiziell als Völkermord anerkannt. Enteignung, Ausbeutung und die Zerstörung gesellschaftlicher Strukturen zählten zu den Merkmalen dieses umstrittenen Kapitels deutscher Geschichte.
Die Sendereihe "Zur Person"
Dieses historische Interview stammt aus der ZDF-Gesprächsreihe „Zur Person“ mit Günter Gaus, die zwischen 1963 und 1966 ausgestrahlt wurde. Das ZDF macht diese zeitgeschichtlich sehr interessanten Gespräche erstmals in vollem Umfang in der ZDFmediathek zugänglich.
Die Gespräche muss man dabei im Kontext der Zeit sehen: Bestimmte Persönlichkeiten haben in späteren Jahren noch eine besondere Karriere gemacht, wie etwa Willy Brandt oder Franz-Josef Strauß. Die hier gezeigten Gespräche stellen somit ein historisches Zeugnis des Augenblicks dar, in dem das Interview geführt wurde.
Gleiches gilt auch für einige sprachliche Ausdrücke, die zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht so in der Diskussion waren wie in späteren Jahren. Das ZDF hat sich dennoch dafür entschieden, die Interviews in der Originalversion und ohne Kommentierung zu veröffentlichen.