Mit ihren Theorien zum Totalitarismus wendete Hannah Arendt den Blick auf die Wirkungsweisen totalitärer Herrschaft. Kontroverse Debatten löste 1963 ihr Buch über den Eichmann-Prozess aus. Im Gespräch mit Gaus spricht Arendt unter anderem über ihre Sicht auf Eichmann als kleingeistigem "Hanswurst" im Räderwerk des Nationalsozialismus.
Die jüdisch-deutsche Publizistin Hannah Arendt (1906 – 1975), die 1933 über Paris in die USA emigrierte, lehnte die Bezeichnung "Philosophin" für sich selbst ab. Auch im Interview mit Günter Gaus 1963 zieht Arendt es vor, ihre Arbeiten als Beitrag zur politischen Theorie anzusiedeln, da der Mensch immer nur als zugleich philosophierendes und handelndes Wesen zu begreifen sei.
Inhalt des Gesprächs
Im Interview mit Gaus spricht Arendt unter anderem über ihre Jugend in Deutschland bis zum Reichstagsbrand 1933, der sie zur politischen Opposition führte und noch im selben Jahr in die Emigration zwang, über ihre Enttäuschung über die Gleichschaltung der Intellektuellen in Nazi-Deutschland, zu ihrem bewussten Festhalten an der deutschen Muttersprache, über den industriellen Massenmord in Auschwitz als eine Grenzverschiebung, die eine Wiedergutmachung unmöglich mache.
Einen breiten Raum nimmt auch ihr Verhältnis zum Nachkriegsdeutschland ein, das sie seit 1945 vielfach besuchte, ebenso wie die öffentliche Kritik an ihrer Publikation zum Eichmann-Prozess und ihr Werk "Vita activa", 1958 in den USA veröffentlicht, in der Arendt eine Theorie des politischen Handelns entwirft.
Die Sendereihe "Zur Person"
Dieses historische Interview stammt aus der ZDF-Gesprächsreihe „Zur Person“ mit Günter Gaus, die zwischen 1963 und 1966 ausgestrahlt wurde. Das ZDF macht diese zeitgeschichtlich sehr interessanten Gespräche erstmals in vollem Umfang in der ZDFmediathek zugänglich.
Die Gespräche muss man dabei im Kontext der Zeit sehen: Bestimmte Persönlichkeiten haben in späteren Jahren noch eine besondere Karriere gemacht, wie etwa Willy Brandt oder Franz-Josef Strauß. Die hier gezeigten Gespräche stellen somit ein historisches Zeugnis des Augenblicks dar, in dem das Interview geführt wurde. Gleiches gilt auch für einige sprachliche Ausdrücke, die zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht so in der Diskussion waren wie in späteren Jahren. Das ZDF hat sich dennoch dafür entschieden, die Interviews in der Originalversion und ohne Kommentierung zu veröffentlichen.