Es gibt wohl kaum eine größere Bewährungsprobe für die Diplomatie als der Umgang mit totalitären Systemen. André François-Poncet (1887-1978) war 1931-38 Botschafter Frankreichs im Deutschen Reich und 1938 bis 1940 Botschafter im faschistischen Italien unter Benito Mussolini.
Sein diplomatischer Kurs schwankte zwischen Konfrontation und Verständigungspolitik, ebenso ambivalent war sein Verhältnis zu Adolf Hitler: "Er war der einzige Diplomat, der bei Hitler Anklang fand", ließ Staatsekretär Ernst von Weizsäcker verlauten. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs wird François-Poncet von 1943-45 als "Ehrengast der Reichsregierung" durch SS-Männer in Frankreich verhaftet, deportiert und auf Schloss Itter und im Hotel Ifen interniert.
Inhalt des Interviews
Als Hoher Kommissar der alliierten Siegermacht Frankreichs kehrt er 1949-55 in die BRD zurück. Die Grundsteine für die besondere Beziehung François-Poncets zu Deutschland wurden bereits in seiner Kindheit gelegt.
Im Interview mit Günter Gaus lässt François-Poncet 1964 die Etappen seines Lebens Revue passieren. Er spricht über die besonderen Herausforderungen des Botschafterpostens, die Pflichten und Schwächen, seine Erfolge und Niederlagen. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, ein Psychogramm der Deutschen im Allgemeinen und Konrad Adenauers im Besonderen zu zeichnen: "Adenauer war kein bequemer Gegenpart. Er war ein heftiger, nervöser Mann und kolossal empfindlich."
Die Sendereihe "Zur Person"
Dieses historische Interview stammt aus der ZDF-Gesprächsreihe „Zur Person“ mit Günter Gaus, die zwischen 1963 und 1966 ausgestrahlt wurde. Das ZDF macht diese zeitgeschichtlich sehr interessanten Gespräche erstmals in vollem Umfang in der ZDFmediathek zugänglich.
Die Gespräche muss man dabei im Kontext der Zeit sehen: Bestimmte Persönlichkeiten haben in späteren Jahren noch eine besondere Karriere gemacht, wie etwa Willy Brandt oder Franz-Josef Strauß. Die hier gezeigten Gespräche stellen somit ein historisches Zeugnis des Augenblicks dar, in dem das Interview geführt wurde. Gleiches gilt auch für einige sprachliche Ausdrücke, die zum Zeitpunkt der Interviews noch nicht so in der Diskussion waren wie in späteren Jahren. Das ZDF hat sich dennoch dafür entschieden, die Interviews in der Originalversion und ohne Kommentierung zu veröffentlichen.