Ein Blick in die Geschichte zeigt den Weg in ein Dilemma: Wie abhängig ist die deutsche Wirtschaft, wenn es im Sog neuer Enthüllungen zur Unterdrückung der Uiguren und vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine auch mit China zu Verwerfungen kommt?
Maßstab Wirtschaftsbeziehungen?
Der Film von Annette von der Heyde und Stefan Brauburger macht deutlich, dass die Deutschen mit dem Reich der Mitte vor allem dann "erfolgreich" kooperierten, wenn die Wirtschaftsbeziehungen sich entfalteten und nicht ideelle und politische Gegensätze das Handeln bestimmten. Doch kann dies der Maßstab für die Gegenwart und Zukunft sein – im Umgang mit einer autoritären Großmacht?
Die Geschichte ist wechselvoll: In der Kolonialzeit traten die Deutschen in China im Vergleich zu anderen imperialen Mächten zunächst zurückhaltender auf und betonten den wirtschaftlichen Austausch, bevor es unter Kaiser Wilhelm II. zu Demütigungen und gewaltsamer Unterdrückung kam.
Gewichene Kritik an Menschenrechtsverletzungen
Als zwischen den beiden Weltkriegen zwei große Kontrahenten in China um die Macht rangen – auf der kommunistischen Seite Mao mit seinem "Langen Marsch", ihm gegenüber die sogenannten Nationalchinesen – gab es namhafte deutsche Militärberater in beiden Lagern. Im Kalten Krieg erfolgte die Anerkennung der kommunistischen Volksrepublik China durch die DDR schnell, die durch Bonn erst in den 70er-Jahren. Von Anfang an lag der Fokus dabei auf den wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Der von Deng Xiaoping seit den 1980er-Jahren eingeschlagene staatskapitalistische Weg begründete eine neue Ära. Nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens stellte sich Ost-Berlin hinter Peking, was nicht überraschte. Auf westdeutscher Seite wich die Kritik an den Menschenrechtsverletzungen bald wieder den wirtschaftlichen Ambitionen, die Handelsbeziehungen wuchsen seit der Wiedervereinigung stetig.
Auf der Suche nach Perspektiven
Durch die Initiative der "Neuen Seidenstraße" und gezielte Aufkäufe und Einkäufe in westliche Unternehmen weitete China seinen Einfluss in den vergangenen zehn Jahren immer weiter aus. Aus dem "Entwicklungsland" wurde nicht nur ein ökonomischer, sondern auch ein systemischer Rivale. Auch auf anderen Feldern wachsen die Konflikte: ob wegen der Verfolgung der uigurischen Minderheit, der Unterdrückung von Hongkongs Demokratiebewegung oder des aggressiven Auftretens Pekings im südchinesischen Meer, auch gegenüber Taiwan.
Aus wirtschaftlichen Gründen habe Deutschland die Werte und die Sicherheit des Westens aus dem Blick verloren, sagen Kritiker. Berlin hält dem entgegen, dass man durch wirtschaftliche Verflechtung gerade auch mit China zur internationalen Zusammenarbeit beitragen wolle, gerade auch beim Klimawandel. Nun stellen sich Fragen der Kooperation und Abhängigkeit vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der viel beschworenen Freundschaft zwischen Moskau und Peking neu. Was sind die Perspektiven für ein künftiges Miteinander oder Gegeneinander?