Erst vor 27 Jahren endete die Strafverfolgung von Homosexuellen. Heute sehen sich 7,4 Prozent der Deutschen als sexuelle Abweichler, als "queer" - ein Spitzenwert in Europa. Ist die Gesellschaft toleranter geworden? Ist die Homo-Ehe mittlerweile akzeptiert?
Die Dokumentation "Mein Körper, meine Liebe – Lesben, Schwule und Transgender" zeigt Menschen, die abseits der sexuellen Norm leben: einen schwulen Fußballklub in München, ein lesbisches Paar in Zürich, einen schwulen Polizisten in Wien, eine transsexuelle Politikerin. Wie wichtig war für sie das Coming-out? Wo stoßen sie auf gesellschaftliche Grenzen? Was macht ihnen das Leben schwer?
Benjamin und Chris aus Frankfurt beispielsweise sind seit über elf Jahren ein Paar. Die beiden konnten sich ganz offiziell das Jawort geben, denn seit 2017 ist in Deutschland die Ehe für alle erlaubt. Davon können Karin und Iris aus Zürich nur träumen. Sie haben zwei Kinder, doch eine gleichgeschlechtliche Ehe ist in der Schweiz noch immer verboten.
In männerdominierten Berufen, in denen gern mal der Macho rausgelassen wird, haben es Homosexuelle nach wie vor schwer. Der schwule Wiener Polizist Dominique Schibler engagiert sich deshalb bei den "GayCopsAustria". Der Verein sieht sich als Anlaufstelle für schwule, lesbische und Transgender-Beamte, will Vorurteile innerhalb der österreichischen Polizei abbauen. Dominique berichtet von offenen und verdeckten Diffamierungen schwuler Polizisten im Berufsalltag.
Wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett
Wie schwer es die Gesellschaft jungen Menschen macht, zu ihrer sexuellen Identität zu finden, zeigt das Beispiel der jungen Helen, die in der niederrheinischen Provinz lebt. Sie hat sich ihrer Mutter per Brief geöffnet – zu groß war die Angst vor Ablehnung und Zurückweisung. Ihre Freundinnen in der Schule wussten da längst Bescheid.
"Ein Coming-out ist wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett. Jeder springt für sich allein", sagt Experte Johannes Kram. Er hat das Buch "Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber ..." geschrieben. Er fordert weitere spektakuläre "Coming-out-Aktionen", wie die kürzlich von 185 deutschen Schauspielern und Bühnenstars. Es muss noch eine Menge passieren, glaubt Kram. Noch immer ist "schwule Sau" eines der beliebtesten Schimpfwörter auf deutschen Schulhöfen und in den Fußballstadien.
Wie schwer es ist, gesellschaftliche Muster aufzubrechen, weiß auch Tessa Ganserer. Sie ist die erste deutsche Politikerin, die sich als transsexuell geoutet hat. Ganserer sitzt im bayerischen Landtag und muss Wähler für sich gewinnen. Sie will bald für ihre Partei Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag einziehen. Sie berichtet, wie sehr sie unter dem "falschen Leben", dem früheren Versteckspiel, gelitten hat.
Ein steiniger Weg in ein tolerantes Europa
In osteuropäischen Ländern wie Polen oder Ungarn wird die Lage für queere Menschen immer schwieriger. Kleinstädte und Gemeinden werden zu "LGBTQ-freien Zonen" erklärt, Anfeindungen und Übergriffe auf "Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer" nehmen zu. Könnte der neue Hass auf sexuelle Minderheiten auch auf uns übergreifen?
Volker Wasmuth und Patrick Zeilhofer zeigen mit ihrer Dokumentation, wie Europa mit sexuellen "Abweichlern" umgeht. Welche Hürden müssen Schwule und Lesben überwinden, welche Erfahrungen haben Transsexuelle gemacht? Sind wir auf einem guten Weg in eine offene, buntere Gesellschaft?