Die Gangs von Haiti finanzieren sich über eine beispiellose Entführungswelle. Auf den Straßen der Hauptstadt Port-au-Prince werden täglich Menschen entführt. Die Bandengewalt ist auch politisch: Um die Macht zu sichern, unterhält jeder Präsident eigene Milizen.
Die kleine Insel in der Karibik galt lange als Perle der Antillen. Heute scheint Haiti mit einem Fluch belegt. 2010 zerstört ein Erdbeben die Hauptstadt Port-au-Prince. Im August 2021 bebt die Erde erneut. Ein Großteil der Bevölkerung hat keine Perspektive, ist verarmt. Hilfe des Staates ist nicht zu erwarten, er ist seit Jahrzehnten bankrott.
Korrupte Politiker sorgen für die Finanzierung der Banden. In den Vierteln der Opposition verbreiten sie Angst und Schrecken. Die Gangs bestimmen, was Gesetz ist, und die Anführer sind bei vielen gefürchtet. Der mächtigste unter ihnen nennt sich "Barbecue". Der ehemalige Polizist ist heute Anführer der "G9", einem Zusammenschluss von neun Gangs. Sein Markenzeichen: das Abbrennen von Häusern samt ihren Bewohnern.
Im April 2021 entführt die Gang "400 Mawozo" zwei französische Geistliche und fordert Lösegeld in Höhe von einer Million Dollar. Als eine der Institutionen, die in Haiti den Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Universitäten aufrechterhalten, wird die Kirche für die Gangs zur Zielscheibe.
Mit der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im August 2021 spitzen sich die Konflikte zu. Es bleibt fraglich, ob der neu gewählte Präsident dem Chaos ein Ende setzen kann.