Die genetische Analyse des Fingerglieds zeigt: Es stammt von einem Urmenschen, doch weder vom Homo sapiens noch vom Neandertaler. Eine bislang unbekannte Menschenform ist entdeckt. Die Wissenschaft tauft ihn nach seinem Fundort: Denisova-Mensch.
DNA aus dem sibirischen Fingerknochen
Um das Rätsel des Fingerknochens zu lösen, wird der Fund an das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig geschickt. Dort arbeitet der Paläogenetiker und Nobelpreisträger 2022 für Physiologie und Medizin, Svante Pääbo, mit einem internationalen Forscherteam am Neandertaler-Genom-Projekt.
Sie extrahieren die DNA aus dem sibirischen Fingerknochen und sind verblüfft über die Ergebnisse: Der Knochen stammt zwar von einem Menschen, doch dieser Urmensch ist der Wissenschaft bislang unbekannt.
Diese Entdeckung versetzt Anthropologinnen und Anthropologen weltweit in Aufregung. Wann und wo haben die Denisova-Menschen gelebt? Wie sahen sie aus? Warum sind sie ausgestorben?
Um mehr über diese Menschenform zu erfahren, setzen die Forschenden die Spurensuche fort: Im tibetischen Hochland finden sie ein Teil eines Unterkiefers mit großen Zähnen.
Für eine klassische DNA-Analyse ist das Fossil jedoch zu stark beschädigt. Eine neue Untersuchungsmethode der alten Proteine liefert Hinweise: Es handelt sich wieder um einen Denisova-Menschen - aber dieses Mal außerhalb Sibiriens.
Denisova-Mensch und Homo sapiens
Der Urmensch muss sich an das Leben in großer Höhe angepasst haben. Und nicht nur das: Offenbar hat er seine Gene, die ihm das Überleben in der Höhe ermöglichten, an die heute dort lebenden Tibeter weitergegeben. Denisova-Mensch und Homo sapiens haben also vermutlich nicht nur gleichzeitig gelebt, sondern sich auch untereinander fortgepflanzt.
Dies stellt die Wissenschaft vor weitere Fragen: Wie viele seiner Gene hat der Denisova-Mensch dem heutigen Menschen vererbt? Und welche Merkmale sind damit verknüpft?
Die Suche nach Antworten führt bis nach Papua-Neuguinea, mitten im Pazifik. Selbst hier finden sich die Spuren des Denisova-Menschen.