70 Jahre nach Kriegsende stehen sie immer noch: Bauten aus der Zeit des Nationalsozialismus. Zu entdecken sind besonders protzige und prominente Nazi-Relikte in München und in Nürnberg. Trotz Kriegsbomben und späterer Versuche, die baulichen Hinterlassenschaften des Nazi-Regimes auszulöschen, haben einige dieser unbequemen Monumente bis heute überlebt. Wie sollen wir mit der Architektur der NS-Zeit umgehen? Sanieren oder dem Zerfall preisgeben?
München: Nur einen Steinwurf vom Königsplatz entfernt lag einst der „Führerbau“, in dem heute die Hochschule für Musik und Theater residiert. Selbst für Alexander Krause, der seit 18 Jahren Kanzler der Hochschule ist, birgt der noch weitgehend unerforschte Untergrund des Gebäudes immer wieder Überraschungen. Mit dem Archäologen Christian Behrer und dem Kunsthistoriker Timo Nüßlein arbeitet er sich von einer ungeklärten Frage zur nächsten: eine „Treppe ins Nichts“, ein mit Stacheldraht verbarrikadierter Durchgang, ein einsturzgefährdeter Raum unter dem „Ehrentempel“ mit einer seltsamen Telefonanlage. Welche Geheimnisse verbergen sich in der Tiefe?
Oft gesehen, fast vergessen?
Der benachbarte „NSDAP-Verwaltungsbau“, in dem heute das Zentralinstitut für Kunstgeschichte seinen Sitz hat, das Haus der Kunst, das Wirtschaftsministerium, der Odeonsplatz mit der Feldherrenhalle – viele dieser von Nazi-Architekten gestalteten Bauwerke sind längst zum gewohnten und lange wenig hinterfragten Bestandteil des Stadtbilds geworden.
Doch es gibt auch geschichtsträchtige Orte, die weniger bekannt sind: Das ehemalige Atelier des Nazi-Bildhauers Josef Thorak, das einstige Zwangsarbeiterlager Neuaubing oder die Polizeiinspektion 22 am Prinzregentenplatz. Hier hat sich tatsächlich die ehemalige Privatwohnung Hitlers befunden.
Rettung oder Verfall
Nürnberg, Zeppelintribüne: Hitler inszenierte sich auf dem Reichsparteitagsgelände, das ihm sein Lieblingsbaumeister Albert Speer in kürzester Zeit und daher auch nicht sehr haltbar und solide auf das Zeppelinfeld baute. Dringende Sanierungen der maroden Haupttribüne stehen an, doch soll man die Überreste eines gebauten Machtinstruments der NS-Herrscher tatsächlich noch einmal für Millionen teuer sanieren? Für die Dokumentation nehmen die Experten, Historiker Alexander Schmidt und Bauleiter Robert Minge, den Bau genau unter die Lupe.
Als Alexander Schmidt schließlich zu einem besonderen Ortstermin aus seinem Auto steigt, zirpen die Grillen. Hier wären eigentlich Wanderschuhe angesagt, über 100 Meter führt der bewaldete Berghang im idyllisch gelegenen Ort Oberklausen unweit von Nürnberg steil nach oben. Kaum bekannt ist, dass Albert Speer hier ein 1:1-Modell für das geplante Deutsche Stadion auf dem Reichsparteitagsgelände bauen ließ. Geheim, aberwitzig und mitten im Grünen.
„Böse Bauten“ ist der zweite Teil einer Reihe, die sich mit dem baulichen Erbe aus der NS-Zeit beschäftigt. Die sperrigen, die verstörenden Baudenkmale: sie sind ein Teil unserer Geschichte, die nicht zu verdrängen ist und die an einigen Stellen auch nicht so einfach abgeräumt werden kann.