Viele Betriebe werden die Kosten zeitversetzt an die Kunden weitergeben müssen, andere planen Änderungen am
Restaurantkonzept. Mancher wird wohl ganz aufgeben, wenn Einsatz und Ertrag nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Drei Jahre vor der Wende begann Thomas Schreiter seine gastronomische Laufbahn mit dem DDR-Jugendclub "Anger". Die Gaststätte ist heute eine Institution in Neuwürschnitz – besonders wegen ihrer legendären Schnitzelplatten. Neuwürschnitz ist eine kleine Gemeinde mitten in Sachsen. Chemnitz und Zwickau sind mit dem Auto in einer halben Stunde zu erreichen. Schreiter fürchtet, dass viele Gäste von dort bald nicht mehr kommen werden, sollte er die Erhöhung der Mehrwertsteuer eins zu eins an seine Gäste weitergeben. "Ich kann nicht alles teurer machen, dann kommt keiner mehr", sagt er. "Ich habe die Wende überlebt, die Flut 2002 und auch Corona. Aber ob ich diese Inflation überlebe, das weiß ich nicht."
Reinhard Stanschus und seine Frau Marion sehen die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz ebenfalls kritisch. Seit sieben Jahren betreibt das Paar eine Gaststätte im schwäbischen Neckarsulm. Zum Konzept des Paares gehört auch ein Cateringangebot und ein eigener Food-Truck. "Durch verschiedene Standbeine können wir interne Kosten besser verteilen und auch mal eine Auftragsdelle verkraften." Und für den Notfall haben beide den Kontakt in ihre angestammten Berufe als KFZ-Mechaniker und Postangestellte behalten.
Auch Khanh Linh Pham aus Leipzig fährt ein zweigleisiges Gastrokonzept. Neben ihrem vietnamesischen Restaurant betreibt sie einen lokalen Lieferdienst. Was konkret die Mehrwertsteuererhöhung für ihr Geschäft bedeutet, kann Khan Linh noch nicht absehen. Aber sie ist sich sicher: "Aufgeben werde ich auf keinen Fall! Notfalls erhöhe ich meine Arbeitszeit auf 70 Wochenstunden."
Anett und Ralf Ulrich haben sich für das Gegenteil entschieden: Die Familie hat ihr Gasthaus in Vellmar Ende Januar 2024 geschlossen. Dem Paar blutet das Herz, aber: "Wir tauschen die Freiheit der Selbstständigkeit gegen die Sicherheit einer Festanstellung. Die Gründe dafür kann sicher jeder nachvollziehen." Zum Abschied gab es noch mal eine Party, mit Preisen wie vor zehn Jahren und einem Berg Frikadellen.
Eine ZDF.reportage über Sorgen der Gastronomen für die Zukunft.