Doch seit einiger Zeit ist das Viertel in Bewegung. Die Rotlichtmeile ist plötzlich "in". Und so prallen auf nur einem halben Quadratkilometer Fläche Welten aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Konflikte bleiben da nicht aus.
In den vergangenen Jahren haben immer mehr Szene-Bars und hochpreisige Restaurants eröffnet. Sie locken ein hippes Publikum in dieses verrufene Umfeld. Das Spektrum reicht von Koreanisch, Arabisch und Indisch bis zu Ostafrikanisch. Studenten feiern hier genauso wie Banker oder junge Kreative. Und sie bleiben längst nicht mehr nur für ein Bier oder ein edles Vier-Gänge-Menü: Inzwischen leben 3900 Menschen hier, über 50 Prozent mehr als noch 2007.
Die "ZDF.reportage" begleitet Frankfurter, die in diesem schwer kontrollierbaren Viertel leben und arbeiten. Viele haben sich hier etwas aufgebaut, sie wollen dem schlechten Ruf etwas entgegensetzen. Die Corona-Einschränkungen verändern den Stadtteil zusätzlich, teils zum Guten, teils zum Schlechten. Denn einerseits bleiben viele Rotlichtbetriebe zu, andererseits schienen zwischenzeitlich die Drogenabhängigen das Bild zu beherrschen. Langsam aber beginnt sich die Lage wieder etwas zu normalisieren, das Nachtleben nimmt wieder Fahrt auf.
Zum Beispiel in den Lokalen der Brüder James und David Ardinast. Sie haben sich zu einflussreichen Gastronomen nach oben gearbeitet. Edel, fein und teuer, so könnte man ihr Angebot beschreiben. Ihre Bars und Restaurants sind echte Hingucker – genau zugeschnitten auf ein zahlungskräftiges städtisches Publikum. Am anderen Ende der Skala – der Yok Yok Kiosk von Nazim Alemdar. Seit 15 Jahren eine Institution im Bahnhofsviertel, ein Treffpunkt für alle Schichten. Banker und Obdachlose kaufen hier bei Nazim ihr Bier bei Tag und Nacht.
Für Marita B. ist das Bahnhofsviertel dagegen der Ort, an dem sie fast zerbrochen wäre. 15 Jahre war sie alt, als sie das erste Mal Heroin konsumierte. Danach probierte sie alles aus, was es an Drogen gibt, pendelte zwischen Knast und der Straße. Seit sieben Jahren ist sie clean. Geholfen hat ihr die private Hilfs- und Entzugseinrichtung "Die Fleckenbühler". Jetzt arbeitet Marita dort und hilft ehemaligen Abhängigen. Außerdem engagiert sich die 49-Jährige ehrenamtlich bei den "StreetAngels". Einem Verein, der einmal in der Woche ins Bahnhofsviertel fährt, um Essen an die Bedürftigen zu verteilen.
Der Film bietet Einblicke in eine eigene Welt, die für Außenstehende angsteinflößend und faszinierend zugleich ist.