Über 16 Prozent der Bevölkerung werden 2021 zu den Armen gerechnet. Diese Entwicklung wird sich wohl noch weiter verschärfen. Die rasant steigenden Preise der letzten Monate machen immer mehr Arbeitnehmer zu "armen Leuten".
Corinna und Dominik sind "Multijobber". Dominik arbeitet Vollzeit als Busfahrer, Corinna arbeitet auf 25-Stundenbasis bei einem Drogeriemarkt. Um mit ihren beiden kleinen Kindern in Köln über die Runden zu kommen, müssen beide aber noch zusätzlich Essen für einen Lieferservice ausfahren. Hohe Miete und Inflation setzen den jungen Eltern so zu, dass sie von morgens bis abends durch den Tag hetzen, um Jobs und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen. Trotz der enormen Anstrengungen kaufen die beiden fast nur noch im Angebot und sparen, wo sie können.
David arbeitet in einem Callcenter. Seit der Pandemie macht er diesen Job allerdings im Homeoffice. Er sitzt dann den ganzen Tag in seiner 30-Quadratmeter-Wohnung in Dortmund und nimmt bis zu 150 Anrufe am Tag entgegen – er arbeitet als eine Art Telefon-Rezeptionist für viele kleinere Unternehmen. "Das Schlimmste ist die permanente Überwachung!" Die Telefon-Software diene nicht nur der Verwaltung der Anrufe, sie registriere auch alles, was er mache. "Da überlegst du dir schon, ob du dir noch mal einen Kaffee machst. Wenn du mehr als 20 Minuten am Tag kleine Pausen machst, brummt dir das System Strafzeit auf." David bekommt zwölf Euro Mindestlohn.
Julia arbeitet seit fünf Jahren bei einer großen deutschen Airline in der Kabine. Sie ist eigentlich sehr gerne Flugbegleiterin. Aber die Bezahlung ist schlecht. Im Schnitt hat sie knapp 1400 Euro netto im Monat. Fast alle Flugbeleiterinnen und Flugbegleiter, die sie kennt, machen noch Nebenjobs, damit sie überleben können. Auch Melanie macht im Homeoffice noch einen Bürojob auf 450-Euro-Basis für eine Hausverwaltung. Sie hat eine siebenjährige Tochter und lebt getrennt vom Kindsvater. Vor der Trennung ging es ihr dank des guten Verdienstes ihres Expartners recht gut. Jetzt aber hat sie Angst vor sozialem Abstieg.
Ab 1. Oktober 2022 stieg der Mindestlohn zwar auf zwölf Euro die Stunde. Die erhoffte Verbesserung des Lebensstandards wurde aber für viele durch die Inflation zunichte gemacht. Die "ZDF.reportage" über Menschen, bei denen trotz harter Arbeit der Lohn nicht zum Leben reicht.