Seit der #MeToo-Debatte, die international große Wellen schlug, taucht nunmehr immer öfter die Frage auf „Was ist denn überhaupt noch erlaubt?“
Ob in der Arbeit, in der Bahn oder beim Flirt in einer Bar – ständig werden wir mit körperlicher Nähe und Distanz konfrontiert. Doch was können wir gegen Übergriffe tun? Und woher kennen wir überhaupt unsere persönlichen Grenzen? Biologin Jasmina Neudecker geht auf Spurensuche.
Erstarren: Warum ein „Nein“ nicht immer geht
In Hamburg trifft Jasmina Cara, die immer wieder sexualisierte Gewalt und übergriffiges Verhalten erlebt hat. Auch in Beziehungen hat sie diese Verletzung ihrer Intimsphäre erfahren. Mit Jasmina spricht sie über eine Situation, die definitiv nicht einvernehmlich wahr und in der sie sich passiv verhielt – sie „erstarrte“. Die biologische Stressreaktion - Kampf, Flucht oder Erstarren - ist ein Grund dafür, dass man in solchen Momenten häufig unfähig wird, klar Nein zu sagen.
Ähnlich schildern es auch viele der TeilnehmerInnen, die Jasmina zu einem Sozial-Experiment eingeladen hat. Bei der Diskussion rund um das Thema persönliche Grenzen wird klar: Wir alle erleben Grenzverletzungen und (fast) alle haben auch schon Grenzen übertreten.
Wie Körper und Gehirn auf Grenzüberschreitungen reagieren, erforscht die Neurowissenschaftlerin Dr. Rebecca Böhme. Neben unseren physischen Körpergrenzen umgibt uns auch eine unsichtbare Grenze: der peripersonale Raum. Dringt jemand in diesen Raum ein, reagiert unser Gehirn mit erhöhter Wachsamkeit, es bereitet uns auf eine Grenzverletzung vor.
Nein heißt Nein - wie lernen wir, uns abzugrenzen?
Doch wie können wir verhindern, dass solche körperlichen Grenzüberschreitungen passieren? Für die Therapeutin Elisa Kopitzke ist einer der Schlüssel dazu Kommunikation: Denn Nähe ist nur möglich, wenn ein Einverständnis da ist – gegenseitiger „Consent“. Nonverbale Kommunikation reicht dabei oft nicht aus. Selbst in Bezug auf partnerschaftliche Beziehungen sagt sie: „Das, was für mich vielleicht vor zwei Jahren noch in Ordnung ist, muss heute schon lange nicht mehr in Ordnung sein.“
Auch Cara forscht inzwischen zum Thema körperliche Gewalt - sie erzählt Jasmina, was ihr letztlich geholfen hat, ihre eigenen Grenzen besser zu spüren und zu kommunizieren.