Bilder aus der Vogelperspektive
Die Dokumentation begleitet unsere Zugvögel in alle Welt - mit atemberaubenden Luftbildern von den Reisen derer, die die "Vogelperspektive" erfunden haben. Der Vogelzug war schon immer eine Frage des Überlebens. Nur wenn es sich lohnt, lernen Tiere im Lauf der Evolution zu wandern - meist auf der Suche nach Nahrung oder besseren Brutrevieren.
Doch Zugvögel leben heute gefährlich. Im Anthropozän - im Zeitalter der Menschen - sind die Todesraten unter Langstreckenziehern in schwindelerregende Höhen gestiegen: Biotope verschwinden, Vögel werden gejagt oder verenden in Hochspannungsleitungen. Bei vielen Zugvogel-Arten überleben 80 Prozent der Jungvögel nicht einmal das erste Jahr.
Die Tundra, in der Bless- und Nonnengänse am liebsten brüten, reichte am Ende der letzten Eiszeit noch bis nach Köln. Heute ziehen die Gänse von Westeuropa, wo sie den vergleichsweise milden Winter verbringen, Tausende von Kilometern bis an den Polarkreis - am liebsten auf die Insel Kolgujew in der Barentssee. Die "Terra X"-Dokumentation "Zugvögel" ist mit hochauflösenden Kameras am Boden und in der Luft dabei, wenn sich die Küken in ihren "Daunenmänteln" bei eisigem Wind aus dem Ei pellen - und die Eismöwen ihre ersten Raubzüge starten.
Clevere Abwehr von Räubern
Auch, wenn in der Dämmerung über Rom Hunderttausende von Staren gigantische Wolken und Schläuche bilden, als folgten sie einer unsichtbaren Choreografie, geht es in Wirklichkeit - ums Überleben. Mit solch pfeilschnellen Formationsflügen wehren kleinere Vögel in großen Schwärmen Raubvögel ab, die etwa an den Schlafplätzen der Stare am Tiber lauern. Für "Zugvögel" wurde der spektakuläre Überlebenstanz der Stare aus der Luft gedreht.
Genau wie die Winterreise der Waldrappe nach Italien. Den drollig aussehenden Ibis-Vögeln wurde ihre große Zutraulichkeit bereits im 17. Jahrhundert zum Verhängnis. Als leichte Beute für Jäger waren sie bald komplett ausgerottet. Heute wird dieses Manko zum Vorteil: Von Hand aufgezogen, folgen junge Waldrappe ihren menschlichen Zieh-Eltern, selbst wenn die in einen Ultraleicht-Flieger steigen und von der deutsch-österreichischen Grenze in die Toskana reisen - ins Überwinterungsrevier. Schon auf dem Rückweg finden die Waldrappe dann ihren Weg allein - ein Beleg dafür, wie tief das Zugprogramm als Überlebensstrategie eingebrannt ist.
Das Ende des Vogelzuges?
Doch von 20 Milliarden Singvögeln weltweit sterben inzwischen jedes Jahr zehn Milliarden. Die meisten Vögel, die wir aus unseren Gärten kennen, ziehen über unsere Köpfe, wenn wir schlafen. Im Schutz der Dunkelheit entgehen sie am ehesten Raubvögeln und Überanstrengung. Welche Gefahren ihnen dennoch auf der langen Reise drohen, macht eine Animation der nächtlichen Massen-Wanderung sichtbar.
Denn was Vögel im Lauf der Evolution gelernt haben, können sie auch wieder verlernen - wenn es dem Überleben dient. Peter Berthold, Deutschlands Guru unter den Vogelforschern, sagt im Film: "Meine persönliche Prognose ist, dass wir, wenn die Klimaerwärmung so weitergeht wie jetzt, in 100 Jahren bei uns keine Zugvögel mehr haben."