Der Historiker sucht nach den Verschränkungen von Religion und Macht und begibt sich nach Südamerika und Afrika, wo der christliche Kolonialismus ein Nachleben hat.
Große Nähe erzeugt oft großen Hass
Christentum und Islam haben manche Parallelen: Nach Kaiser Konstantin entwickelt sich das Gottesgnadentum weltlicher Herrscher im Westen. Im Islam führen die wichtigen Herrscherfamilien ihre Verwandtschaft mit dem Propheten Mohammed ins Feld, die Kalifate entstehen. Wie die Schriften des Christentums und des Judentums ist auch der Koran, die Heilige Schrift des Islam, widersprüchlich: Es gibt Textstellen, die Gewalt bejahen, und andere, die zum Frieden aufrufen.
Auffällig ist, dass in den Texten der monotheistischen Religionen Themen wie Gewalt, Hass und Sünde eine wichtige Rolle spielen. Auch dies haben Judentum, Christentum und Islam gemeinsam: Große Nähe, sowohl geografische als auch inhaltliche, erzeugt oft großen Hass. Das christliche Mittelalter ist geprägt von sieben Kreuzzügen ins Heilige Land. Zankapfel war immer Jerusalem. Jede der drei Religionen wollte Zugang zu dieser Stadt haben. Das ist auch heute noch so.
Der Islam breitet sich aus
Im frühen 8. Jahrhundert hatte der Islam seinen Machtbereich ausgeweitet. In Jerusalem, Kairo, Córdoba, Fes und Istanbul finden sich zahlreiche Spuren für diese Entwicklung. In Westeuropa, auf der Iberischen Halbinsel, bricht das Zeitalter von "al-Andalus" an. Die Bevölkerung muss nicht zwingend zum Islam übertreten, doch wächst die Anzahl der Muslime und assimilierten Christen über die Zeit stark an. Die kulturelle Blüte dieser Phase ermöglicht auch beträchtliche Fortschritte der Wissenschaften, doch eigentlich herrscht ständig Krieg. Für die Juden ist die Lage in dieser Zeit besonders schwierig, wie Christopher Clark in Córdoba erfährt.
Kaum haben die Christen die Muslime aus Spanien wieder verdrängt, starten die ersten Eroberungsfahrten der christlichen Seefahrt auf der Suche nach Gold und Gewürzen in Asien. Zwar landet Kolumbus statt in Indien in Mittelamerika, doch der Ausbeutung sind dort Tür und Tor geöffnet. Auch Missionare bereisen die neu entdeckten Länder. Für die Ureinwohner Südamerikas beginnt eine unglaubliche Leidenszeit. Versuche, die Indigenen zu schützen, gibt es durchaus – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie Christen werden. Christopher Clark erkundet Missionsstationen in Argentinien und Brasilien.
Bedürfnis nach Spiritualität
In Afrika verbreitet sich das Christentum noch heute weiter. In Uganda wachsen die evangelikalen Bewegungen besonders stark. Auf den Straßen predigen Kinder, selbst ernannte Apostel verkünden in riesigen Open-Air-Gottesdiensten die Botschaft Gottes. Das Bedürfnis nach Spiritualität scheint ungebrochen.