In einer von Männern beherrschten Zeit hat Elisabeth I. als einzige Frau in Europa Weltpolitik gemacht. 45 Jahre lang herrschte sie über England, bis ins hohe Alter hinein mit wachem Verstand. Unter ihrer Herrschaft wurde das Fundament für den Aufstieg des britischen Empire zu einer globalen Seemacht gelegt. Als die Monarchin am 24. März 1603 verstarb, ging ein Zeitalter zu Ende, das später ihren Namen tragen sollte.
Niemand, am wenigstens wohl die Monarchin selbst, hätte dies in ihren Jugendjahren für möglich gehalten. Elisabeth wurde nicht nur in eine Zeit hineingeboren, in der jedermann eine Frau auf dem Thron für ein Unglück hielt, sondern wurde von ihren Gegnern als "Hurenbastard" beschimpft.
König Heinrich VIII. hatte die Hofdame Anne Boleyn geheiratet und seine erste Frau Katharina von Aragon verstoßen. Wegen dieser unrechtmäßigen Scheidung brach er mit der römischen Kirche. Als Anne Boleyn am 7. September 1533 Prinzessin Elisabeth zur Welt brachte, war die Enttäuschung groß: Der König brauchte einen männlichen Thronerben, kein Mädchen. Der Taufe seiner Tochter blieb er fern.
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Der Sturz von Anne Boleyn folgte rasch. Nach mehreren Fehlgeburten verflog Heinrichs Leidenschaft für seine zweite Frau. Da eine Auflösung der Ehe nicht in Frage kam, beschuldigte Heinrich VIII. sie des Ehebruchs und ließ sie köpfen. Wenig später heiratete der König zum dritten Mal: Jane Seymour, die ihm endlich den ersehnten männlichen Erben schenkte. Drei weitere Ehen sollten folgen.
Trotz des „Makels ihrer Geburt“ erhielt Elisabeth eine hervorragende Ausbildung: Neben Fremdsprachen zählten dazu Musik, Poetik und Philosophie sowie Handarbeiten, die sie jedoch verabscheute. Viel lieber las sie griechische Texte und übte sich mit ihrem Lehrer Roger Ascham in Konversation auf Latein. Ihre profunden Sprachkenntnisse sowie ihr Wissen in Theologie und Philosophie leisteten ihr später als Regentin gute Dienste. Sie war in der Lage, mit fremden Gesandten ohne Dolmetscher zu verhandeln und sich in Kirchenfragen gegenüber Gelehrten und Bischöfen zu behaupten. Am liebsten aber saß die junge Frau auf einem Pferd, begeisterte sich fürs Jagen und Bogenschießen und tanzte mit großer Leidenschaft. Zeit ihres Lebens versuchte Elisabeth die Enttäuschung ihres Vaters darüber, dass sie "nur" als Mädchen geboren war, wieder wett zu machen.
Geliebte Königin
Nach dem Tod Heinrich VIII. folgte sein einziger Sohn Eduard VI. auf den englischen Thron. Doch Eduards Gesundheit war schwach, er starb 16jährig an Schwindsucht. Die älteste Tochter Heinrichs aus der Ehe mit Katharina von Aragon wurde gekrönt, doch war Maria I. in England verhasst: halb Spanierin und vor allem katholisch, verfolgte sie die „protestantischen Ketzer“ im Land. Das Volk gab ihr dafür den Namen „Bloody Mary“. Ihre Halbschwester Elisabeth, die im protestantischen Glauben erzogen worden war, verdächtigte sie des Hochverrats und ließ sie in den Tower werfen. Monatelang bangte Elisabeth um ihr junges Leben.
Doch Maria I. sollte England nur fünf Jahre lang regieren. Als sie starb, bestieg Elisabeth I. den Thron, von der Bevölkerung geliebt als Königin, "die rein englischen Geblüts hier mitten unter uns geboren wurde und uns daher von Natur nahe ist."
Unverheiratet auf dem Thron
Elisabeth I. trat kein leichtes Erbe an: das Land war im Glauben gespalten, die Staatskasse leer. Da eine unverheiratete Frau auf dem Thron unvorstellbar erschien, geriet sie in der Frage nach einem geeigneten Ehemann unter Druck. Schon als Prinzessin war sie von zahlreichen Kandidaten umworben worden, als Königin von England konnte sich Elisabeth vor Heiratsanträgen kaum retten. Sie galt als beste Partie in der ganzen Christenheit, das Werben um ihre Hand geriet zu einer Art Pflichtübung für Thronfolger und Monarchen führender europäischer Dynastien. Ihr anziehendes Äußeres tat ein Übriges, um namhafte Bewerber an den englischen Hof zu locken.
Doch Elisabeth I. war klug genug, sich nicht festzulegen. Ein ausländischer Fürst an ihrer Seite hätte womöglich Englands Unabhängigkeit bedroht, ein englischer Edelmann vielleicht Machtkämpfe in der Aristokratie provoziert. Elisabeth war außerdem nicht gewillt, ihre eben gewonnene Macht wieder einzubüßen - oder im Kindbett zu sterben. Als das Parlament drängte, die Heirats- und Nachfolgefrage zu regeln, gab sie zur Antwort, sei sie entschlossen, ein jungfräuliches Leben zu führen: „Schließlich soll es mir genügen, wenn auf meinem Grabstein steht, dass eine Königin so und so lange regiert hat und als Jungfrau lebte und starb!“
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Auf dem Gipfel der Macht
Eine zweite Maria machte Elisabeth I. nun das Leben schwer: Maria Stuart, Königin von Schottland. Für die Katholiken war sie die rechtmäßige Thronerbin Englands. Jahrelang stellte Maria Stuart für Elisabeth I. eine Bedrohung dar, dennoch schützte die englische Königin ihre schottische Cousine. Als Elisabeths Spione jedoch Maria Stuart des Hochverrats überführten, konnte Elisabeth nichts mehr für sie tun: Das Todesurteil wurde am 8. Februar 1587 vollstreckt. Für Elisabeth ein Albtraum: wochenlang verschanzte sie sich hinter verschlossenen Türen und litt.
Als die spanische Armada im Mai 1588 England angriff, schlug Elisabeths große Stunde. Die englische Flotte siegte über die bislang mächtigste Seemacht der Welt. Damit erreichte die "jungfräuliche Königin" den Gipfel ihrer Macht, der Grundstein für den Mythos war gelegt.
Elisabeth I. starb mit fast 70 Jahren, unverheiratet, ohne Nachkommen. Ein würdiger Thronfolger werde sich nach Gottes Ratschluss schon finden, hatte die "Virgin Queen" einst dem Parlament gegenüber verheißen. Am Ende war es der Sohn ihrer ärgsten Rivalin Maria Stuart, der als Jakob I. der großen Monarchin auf den Thron folgte. Mit Elisabeth I. endete die Dynastie der Tudors.
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