Ungefähr zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten sind wissenschaftlich beschrieben, der Weltartenschutzrat geht jedoch von mindestens acht Millionen aus. Eine Million Arten sind aktuell vom Aussterben bedroht, unzählige sind bis heute noch gar nicht entdeckt. Bei dieser Vielfalt stellt sich zwangsläufig die Frage: Wo soll der Artenschutz ansetzen? Und welche Tierarten wollen wir retten? Welche müssen wir sogar retten – in unserem eigenen Interesse?
Aufwendige Nachzucht von Pandabären
Manche Tiere stehen bei Schutzmaßnahmen mehr im Fokus als andere. Um beispielsweise Pandabären zu retten, ist kein Preis und kein Aufwand zu hoch. Im chinesischen Chengdu gibt es ein Forschungszentrum, das auf die Nachzucht von Pandas durch künstliche Befruchtung spezialisiert ist. In freier Wildbahn sind Pandas mittlerweile selten, es gibt nur noch rund 1.900 Tiere, und ihr Lebensraum schwindet.
Da Pandas als Bambusfresser spezielle Ansprüche haben, ist ihr Aussterben in freier Natur nur eine Frage der Zeit, wenn nichts geschieht. Doch Pandas lässt man nicht einfach verschwinden, denn sie sind Publikumslieblinge in den Zoos auf der ganzen Welt. Die chinesische Regierung verleiht die putzigen schwarz-weißen Bären aus der Nachzucht an Zoos gegen eine Gebühr von rund einer Million US-Dollar pro Pandapaar im Jahr. Ist das Artenschutz – oder nur ein großes Geschäft?
Lebensraum von Orang-Utans wird vernichtet
Der Verlust von Lebensraum ist für den Panda und viele andere Tiere das Hauptproblem. Rund acht Milliarden Menschen hinterlassen ihre Spuren auf dem gesamten Planeten. Drei Viertel der Landfläche weltweit wurden durch menschlichen Einfluss bereits stark verändert. Auf Borneo in Indonesien dehnen sich die Flächen für Palmölplantagen immer weiter aus. Palmöl ist das mit Abstand billigste und am meisten produzierte Pflanzenöl auf dem Weltmarkt. Der jährliche Verbrauch liegt in Deutschland bei rund 1,8 Millionen Tonnen. Davon gehen 41 Prozent in Biodiesel und 40 Prozent in Nahrungs- und Futtermittel.
Aus ökonomischer Sicht ist der lukrative Export von Palmöl ein Segen für das Entwicklungsland. Doch die Orang-Utans, Asiens letzte Menschenaffen, zahlen einen hohen Preis dafür. Ihr Lebensraum, der Regenwald, muss den Plantagen weichen und schwindet in hohem Tempo. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Zahl der Orang-Utans halbiert.
Verzweifelter Kampf gegen Wilderei
Es gibt aber noch viel fragwürdigere Ursachen für das globale Artensterben. Der weltweite Handel mit Wildtieren und Wildtierprodukten ist lukrativ – und illegal. Internationale Schmugglerbanden verdienen damit jedes Jahr Milliarden Euro. In Südafrika wurden im Jahr 2019 fast 600 Nashörner von Wilderern getötet. Nur ein paar Jahre zuvor waren es sogar rund doppelt so viele.
Ein Kilogramm Horn kostet auf dem Schwarzmarkt ungefähr 60.000 Dollar, fast so viel wie derzeit ein Kilogramm Gold. Denn viele Menschen in Asien glauben an eine medizinische Wirkung von Nashornpulver. Dabei besteht das Horn lediglich aus Keratin, dem gleichen Material wie menschliche Fingernägel. Dieser Aberglaube befeuert ein grausames Geschäft, das Wilderer skrupellos macht. Wenn sich die Wilderei ungebremst fortsetzt, werden Nashörner, aber auch Elefanten bald ausgerottet sein.
Rettung für den Waldrapp
Sind Arten erst einmal ausgestorben, ist es sehr schwierig, in der Natur wieder stabile Populationen aufzubauen. Der Waldrapp ist einer der seltensten Vögel der Welt. Einst war der Ibisvogel in Mitteleuropa weit verbreitet, bis er im 17. Jahrhundert so stark gejagt wurde, dass er in seinen natürlichen Lebensräumen verschwand. Doch jetzt gibt es wieder Hoffnung: In Zoos nachgezüchtete Waldrappe werden mit einer aufwendigen Strategie ausgewildert. Dabei stehen die Naturschützer vor einer großen Herausforderung: Waldrappe sind Zugvögel und lernen normalerweise von ihren Eltern, wie sie in ihr Wintergebiet kommen. Diese Aufgabe müssen nun menschliche „Ersatzeltern“ übernehmen. Mit Ultraleichtflugzeugen begleiten sie die jungen Waldrappe über die Alpen nach Italien und weisen ihnen so den Weg.
Dirk Steffens zeigt, was wir verlieren, wenn Arten verschwinden, und was wir tun müssen, damit das fein abgestimmte Netzwerk der Natur keine Löcher bekommt, die nicht mehr zu reparieren sind. Er geht der Frage nach, welche Arten Schlüsselpositionen in diesem Netzwerk einnehmen – und was wir überhaupt vom Wert einzelner Arten wissen können.
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