Was macht das kirchliche Großereignis mit denen, die hier wohnen? Fühlen sie sich vom Programm abgeholt? Woran stoßen sie sich? Drei Erfurterinnen und Erfurter blicken aus drei ganz unterschiedlichen Perspektiven auf das, was da kommt.
20.000 Gäste von außerhalb erwartet
Anikas erste Gedanken waren „Hilfe, da kommen ganz viele Katholiken in meine Stadt“. Die 28-Jährige betreibt „feelslike.erfurt“, ein digitales Stadtmagazin. Normalerweise bewirbt sie dort eher hippe Cafés und Erfurter Geheimtipps als religiöse Veranstaltungen. Deshalb fand sie die Anfrage auch eher ungewöhnlich, ob sie einen Post zum Katholikentag absetzen könne – um für das Ereignis in der Stadt die Werbetrommel zu rühren.
Tatsächlich haben viele Einheimische lange Zeit kaum eine Vorstellung davon, was sie beim Katholikentag – besser gesagt an den fünf katholischen Tagen – erwartet. Nur 20 Prozent der Menschen in Erfurt sind getauft, nur sechs Prozent katholisch. Die rund 500 Veranstaltungen sollen deshalb auch diejenigen ansprechen, die nicht religiös sind. Aber es werden auch 20.000 Gäste von außerhalb in der Stadt erwartet. Die von ihnen, die übernachten, sollen unter anderem bei Erfurterinnen und Erfurtern zuhause unterkommen.
Veranstaltungen könnten für viele interessant werden
Einer, der sein Gästebett herrichtet, ist Christoph. Der 48-Jährige ist gebürtiger „Wessi“ – auch wenn das für ihn zweitrangig ist. Doch in Sachen Glaube und Kirche hat ihn seine westdeutsche Kindheit in Limburg sehr geprägt: Er wurde katholisch erzogen, war Messdiener, Pfadfinder und sonntags in der Kirche. Mit derselben Selbstverständlichkeit entscheiden sich seine beiden Kinder heute gegen den Sonntagsgottesdienst. Christoph sieht den Katholikentag als Chance, den „Draht nach oben” wieder aufzunehmen und sich mit seinem Glauben auseinanderzusetzen. Dafür stürzt er sich mitten ins Geschehen: Er hat sich als Helfer gemeldet und ist einer von rund tausend Ehrenamtlichen. Nur, wo er zum Einsatz kommt, ist noch völlig offen.
Den Erfurter Dom – das Epizentrum des Katholikentags – hat Familie Masch in direkter Nachbarschaft. Das ist aber momentan auch ihr einziger Berührungspunkt zur Kirche. Der Blick vom Balkon auf den Dom sei „Championsleague“, sagt Stefan Masch (44). Die regelmäßigen Veranstaltungen und Konzerte auf dem Domplatz gehören für die Familie wie selbstverständlich dazu. Als Nächstes wird hier die Katholikentagsbühne aufgebaut, auch dieses Event wollen sie sich geben. Die „schwer kirchlichen“ Veranstaltungen des Katholikentages seien nichts für sie, sagt Max (20), aber die Podien und Kulturevents könnten durchaus interessant werden.
Wie werden Anika, Christoph und Familie Masch die wilden Tage in der Stadt erleben? Können sie der Veranstaltung etwas abgewinnen, sogar Neues für sich mitnehmen? Oder schreckt das kirchliche Angebot am Ende doch ab?