Andreas Laufer hat Diabetes. Ihm fällt es schwer, auf Zucker zu verzichten: „Wenn es mir nicht gut geht und ich esse Süßigkeiten, dann werden Glückshormone freigesetzt. Und wer will das nicht?“ Das Leben des 36-Jährigen hat sich verändert, er hat Diabetes Typ 2, umgangssprachlich „Altersdiabetes“, weil die Krankheit meistens im Alter auftritt. Doch dieser Verlauf scheint der Vergangenheit anzugehören. Die Zahl der Diabeteskranken steigt kontinuierlich.
Steigerung bei Diabeteserkrankungen
Laut Zahlen des Deutschen Diabetes-Zentrums sind aktuell 8,2 Millionen Menschen in Deutschland an Diabetes Typ 2 erkrankt. „Eine besondere Zunahme sehe ich gerade bei den jüngeren Erwachsenen: 30-, 35-Jährige mit sehr hohen Blutzuckerwerten", sagt Professor Stephan Martin, Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums in Düsseldorf. "Das ist beängstigend. Fast wie ein Tsunami, der auf uns zukommt.“ Eher konservative Schätzungen rechnen mit zwölf Millionen Diabeteskranken im Jahr 2040.
Zucker macht krank – ein Satz, den die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker so nicht stehen lassen möchte. Die Industrielobby der Zuckerindustrie hält ihn für falsch. Auf ihrer Homepage heißt es: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass einzelne Nährstoffe wie zum Beispiel Zucker für die Entstehung von Übergewicht und nichtübertragbaren Krankheiten wie Diabetes Mellitus Typ 2 verantwortlich sind.“ Nicht Zucker mache krank, sondern die Folge eines Ungleichgewichts von Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch.
Michael Lessmann, kaufmännischer Leiter des Ketchup-Giganten Kraft-Heinz, glaubt nicht, dass die Politik den Verbraucher lenken könne. Freiwillige Reduktion von Zucker sei die richtige Strategie und Aufklärung der Verbraucher. Es komme eben nicht nur auf den Zuckerkonsum an, sondern grundsätzlich auf die Bewegung und den Lebensstil. Wenn der Einzelne Schuld hat, dann braucht die Industrie nicht zu handeln: keine Kennzeichnungspflichten, keine Steuererhöhungen, keine Eingriffe durch den Staat.
Belastungen des Gesundheitssystems
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Monstadt hält dagegen und berichtet von seiner Diabeteserkrankung und wie schwierig sein Kampf gegen zu viel Zucker im Essen ist. Monstadt kommt zu einem klaren Fazit: „Ich halte Zucker für schädlicher für die Volksgesundheit - aber auch für den Einzelnen - als Rauchen.“ Der Politiker ist selbst an Diabetes Typ 2 erkrankt. „Mein persönliches Schicksal ist ausschlaggebend für mein politisches Engagement.“ Monstadt arbeitet seit Jahren an einer Nationalen Diabetesstrategie. Er fordert höhere Steuern auf Zucker und mehr Transparenz auf der Verpackung sowie eine Nationale Diabetesstrategie.
Doch es hakt in der Koalition. Dabei bedeutet Diabetes nicht nur individuelles Leid. Er ist eine enorme Belastung für das deutsche Gesundheitssystem. Laut Schätzungen werden zehn Prozent der Gesundheitsausgaben für Diabetes und Folgeerkrankungen ausgegeben. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen 2019 mehr als 245 Milliarden Euro ausgegeben haben.