"Die Spur" geht der Frage nach, ob Maaßens Agenda schon während seiner Amtszeit von rechtem Gedankengut bestimmt wurde oder ob er sich erst im Laufe der Jahre radikalisierte. War seine Haltung womöglich politisch gewünscht?
Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der Maaßen 2012 zum Verfassungsschutz-Chef berief, verteidigt seine damalige Entscheidung: Als Beamter im Innenministerium habe Maaßen "eine saubere, brillante juristische Arbeit abgeliefert". Das habe ihn für andere Aufgaben qualifiziert. Gerhard Schindler, ehemaliger Chef des Bundesnachrichtendienstes und enger Vertrauter, geht noch weiter: "Er war der beste Präsident, den dieses Amt in seiner Entstehungsgeschichte hatte."
"Die Spur"-Reporter Lucas Eiler und Sebastian Galle sprechen mit Befürwortern und Kritikern, untersuchen Maaßens Äußerungen auf Twitter und in seiner Dissertation. Sie schildern Maaßens Rolle im Fall Murat Kurnaz, der unschuldig in Guantanamo festgehalten wurde. Maaßen entwarf die juristische Strategie, um Kurnaz nicht nach Deutschland zurückkehren zu lassen. War sein Gutachten Sprungbrett für seinen Aufstieg im Ministerium?
"Ich habe mich gewundert über diese kometenhafte Karriere", sagt Kurnaz' Strafverteidiger Bernhard Docke. Bereits in den 90er-Jahren vertrat Hans-Georg Maaßen, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen sollte, radikale Ansichten in der Asylpolitik, zweifelte generell an der Schutzbedürftigkeit der Geflüchteten, so wie es heute die AfD und der ungarische Staatschef Viktor Orbán tun. Mit ihnen trifft er sich heute zum Gedankenaustausch – und teilt ganz offen ihr Mindset.
Auch Stephan Kramer, Leiter des Thüringischen Verfassungsschutzes, beobachtet mit Sorge, dass sein ehemaliger Amtskollege mittlerweile in rechtsextremistischen und neurechten Medien publiziert, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Ist Maaßen heute womöglich selbst ein Fall für den Verfassungsschutz?
Für die CDU ist Maaßen untragbar geworden, er selbst schließt die Gründung einer eigenen Partei nicht mehr aus. Bei der Bundesmitgliederversammlung der Werteunion in Erfurt im Juni 2023 kündigt er an: "Ich sehe, dass die Repräsentationslücke zwischen einer CDU, die zu einer Blockpartei geworden ist und einer AfD, dass diese Repräsentationslücke immer größer wird und regelrecht danach schreit und dass es eine neue Kraft geben muss."
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Stab
- Kamera - Leonard Bendix, Lars Schwellnus