Online-Portale wie "Dr. Ansay" versprechen Cannabis auf Rezept für jedermann – und umgehen den von der Politik vorgesehenen Weg der Legalisierung. Ärzte und Apotheker verdienen kräftig mit, bei dem fragwürdigen Geschäft mit medizinischem Cannabis für Hobby-Kiffer.
Gras auf Rezept ohne Arztbesuch
Die Online-Plattform "Dr. Ansay" fungiert als eine Art "Amazon für Kiffer": Wer sich dort selbst per Fragebogen Leiden wie beispielsweise Schlafstörungen oder Stress diagnostiziert, bekommt ohne ein einziges Arztgespräch ein Cannabis-Rezept online ausgestellt – und kann gleich über Apotheken verschiedene Cannabis-Blüten bestellen.
Dahinter steht der aus Hamburg stammende Unternehmer und Jurist Can Ansay. Er inszeniert sich als Freiheitskämpfer; im Interview vergleicht er sich mit dem Bürgerrechtler Martin Luther King. Doch wegen dubioser Geschäfte ist der Unternehmer schon in der Vergangenheit in den Blick der Behörden geraten: Weil Ansay über sein Portal in der Vergangenheit auch Krankenscheine und Corona-Testzertifikate ohne Arztgespräch ausstellen ließ, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen ihn.
Auch Apotheken verdienen am Cannabis
Für die ZDF-Dokureihe "Die Spur" bestellen die Reporter Maike von Galen, Benjamin Braun und Klaus Jansen testweise medizinisches Cannabis über Seiten wie "Dr. Ansay". Sie untersuchen die dahinterliegenden Strukturen, begeben sich auf die Spur von beteiligten Ärzten und Cannabis-Apotheken. Warum boomt das Geschäft mit dem Medizinal-Cannabis dermaßen, nicht nur bei "Dr. Ansay", sondern auch auf Plattformen wie "Flowzz", "Bloomwell" oder "Hanf im Glück"? Und wer sind die Leidtragenden dieses Geschäfts?
Weniger Cannabis für Patienten
Weil immer mehr Freizeitkonsumenten auf den Markt drängen, fürchten Cannabis-Patienten, dass es für sie zu Lieferengpässen kommt. Daniela Joachim vom Bund deutscher Cannabis-Patienten kritisiert im Interview die "Rezeptfabriken" wie dransay.com. "Man muss auf Alternativen zurückgreifen, also klassische Schmerzmittel – oder halt einfach akzeptieren, mehr Schmerzen zu haben", sagt Joachim, die selbst an den Folgen einer Krebstherapie leidet. Eine Daten-Recherche bestätigt, dass es zumindest für einzelne Cannabis-Sorten temporäre Lieferengpässe gibt.
Legalisierung sieht Cannabis Clubs vor
Populär sind Portale für Cannabis auf Rezept auch deshalb, weil die von der Politik vorgesehenen Verkaufswege für Cannabis noch kaum entwickelt sind. Das von der Ampel-Koalition beschlossene Cannabis-Gesetz erlaubt seit der Legalisierung zum 1. April, dass sogenannte "Cannabis-Clubs" bis zum 50 Gramm pro Monat an ihre Mitglieder abgeben dürfen.
Eine Abfrage bei den zuständigen Ministerien aller 16 Bundesländer ergab, dass zum Stichtag am 15. November 2024 von insgesamt 392 Anträgen auf Zulassung als Cannabis-Club lediglich 48 genehmigt waren. In einigen CDU-geführten Bundesländern wie Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein waren zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Clubs zugelassen.
Stab
- Kamera - Markus Dassel