Ausgerechnet ein fremder Kaiser ist es, der Deutschland in ein nationales Zeitalter katapultiert: Frankreichs Jahrhundertherrscher Napoleon. Durch seine Eroberungen und Reformen finden die Deutschen mehr denn je zueinander. Was ihm gelingt, hatte zuvor niemand erreicht: die politische Erweckung der "deutschen Nation".
Als General der Revolution schürt er die Hoffnung auf Freiheit, als Kriegsherr bringt er die Deutschen gegen sich auf. Manche nennen ihn einen "Halbgott", andere ein Ungeheuer. Willkürlich krempelt er Europa um und spielt mit dem Schicksal von Mächten und Völkern wie ein Jongleur mit Bällen.
Im Jahr 1806 treffen bei Jena und Auerstedt in Thüringen preußische Truppen auf die legendäre Grande Armée. Preußen will sich gegen Napoleon behaupten und Frankreich in die Schranken weisen. Doch Bonaparte duldet keinen Widerstand. Preußens Truppen erleben ein Inferno. Das französische Heer triumphiert. Deutschland ist nun endgültig unter Napoleons Kontrolle.
Napoleon erbeutet die Quadriga
Das Brandenburger Tor 1806: Napoleon zieht als Sieger in Berlin ein. Die Quadriga wird als Beutestück nach Paris verfrachtet. Eine unglaubliche Demütigung. Napoleon krempelt Deutschland um: Die Gebiete links des Rheins gehören jetzt zu Frankreich. Rechtsrheinisch entsteht ein von Napoleon abhängiger Bund - der Rheinbund. Preußen wird nach seiner Niederlage um die Hälfte verkleinert.
Preußen hofft jetzt auf den Freiherr vom Stein. Er wird zum entscheidenden Gegenspieler Napoleons. Stein will durch mehr Freiheit und Mitbestimmung Kräfte wecken, aus Untertanen patriotische Bürger machen. Das Volk soll hinter seinem Staat stehen. Es geht ihm um die Befreiung Preußens und ganz Deutschlands.
Der Wind dreht sich
Doch auch Bonaparte selbst sorgt dafür, dass der Widerstand gegen ihn wächst: Statt Frieden herrscht Krieg, statt Aufschwung erleben die Menschen Ausbeutung. Das Bild vom Hoffnungsträger verfinstert sich. Die militärische Katastrophe in Russland 1812 heizt die Stimmung gegen ihn zusätzlich auf: Hunderttausende Deutsche, die für Bonaparte in die Schlacht ziehen, sterben. Es ist der Wendepunkt: Immer mehr Verbündete Napoleons werden zu seinen Gegnern.
Völkerschlacht bringt Entscheidung
1813 bricht ein deutscher Befreiungskrieg aus. Im Kampf gegen Napoleon entsteht auf deutschem Boden ein neues "Wir-Gefühl". Immer mehr Deutsche entdecken sich als eine durch Kultur, Sprache und Geschichte verbundene Nation, die auch politisch geeint sein soll. Im Oktober 1813 kommt es zur Entscheidung: Die Völkerschlacht bei Leipzig. Napoleons Gegner sind in der Übermacht: Österreich, Preußen, Russland und Schweden bieten insgesamt mehr als 300.000 Mann auf. Ihnen stehen Franzosen, Polen und Soldaten aus den deutschen Rheinbundstaaten gegenüber, mehr als 200.000 Mann.
Auf dem Schlachtfeld kommt es zu einer unglaublichen Wende. Napoleon selbst wird Zeuge: Mitten in der Schlacht wechseln mit Frankreich verbündete Soldaten die Seiten und richten ihre Waffen auf Napoleons Truppen. Deutsche wollen nicht mehr auf Deutsche schießen. Napoleon wird bis nach Paris verfolgt, die entführte Quadriga nach Berlin zurückgeholt.
Eine neue Ordnung entsteht
Napoleon hat Europas Staaten durcheinander gewirbelt. In Wien kommen im September 1814 Könige und Fürsten zusammen. Die Sieger wollen Europa neu ordnen. Das Ergebnis des Wiener Kongresses ist der sogenannte "Deutsche Bund": Ein lockerer Zusammenschluss von 35 deutschen Fürsten und vier freien Städten - mit den Vormächten Österreich und Preußen. Doch die Hoffnung auf Einheit und Freiheit für alle Deutschen bleibt vorerst nur ein Traum. Napoleon muss 1815 nach der verlorenen Schlacht von Waterloo als Geächteter den Rest seines Lebens in Verbannung verbringen - auf der Insel Sankt Helena.