"Es gilt nur siegen oder sterben und wer das Erstere will, muss zeigen, dass er zum Letzteren bereit ist." Das schreibt Robert Blum drei Monate vor seiner Hinrichtung an seine Ehefrau Jenny. Der Revolutionär stirbt wie ein Märtyrer für seine Überzeugung: Freiheit und Einheit auf deutschem Boden. Aus heutiger Sicht wirkt der Freiheitsfreund wie ein Vorkämpfer der parlamentarischen Demokratie. Was für uns in Deutschland heute selbstverständlich ist, dafür hat Robert Blum mit seinem Leben bezahlt.
Eine Revolution - in Deutschland? Und zwar keineswegs, wie Lenin den Deutschen später süffisant nachsagte, mit einer ordnungsgemäßen Bahnsteigkarte in der Tasche! Im März 1848 werden aus braven Untertanen entschiedene Barrikadenkämpfer. Es ist ein Volksaufstand, wie es ihn nie zuvor in der deutschen Geschichte gegeben hat.
Im ganzen Land widersetzen sich Bauern, Tagelöhner, Handwerker und Studenten der Obrigkeit. Auch in Berlin erheben Anwohner ihre Waffen gegen die Militärmacht des preußischen Königs. Die schlagkräftigste Armee des Kontinents wird von aufmüpfigen Untertanen vertrieben, mehr als 300 Tote fallen den Kämpfen zum Opfer.
Kämpfer gegen erstarrte Ordnung
Robert Blum kämpft in Wort und Tat für seine Ziele: In Artikeln, Buchtexten und Reden macht er Druck gegen die erstarrte Herrschaftsordnung in den deutschen Ländern. Mit dem auf der Straße erfochtenen Zugeständnis kommt auch für ihn der Durchbruch. Robert Blum wird als Vizepräsident des sogenannten "Vorparlaments" einer der Gründerväter des frühesten demokratischen Experiments in Deutschland. Erstmals in ihrer Geschichte dürfen die Deutschen als Nation in freier, geheimer und gleicher Wahl an die Urnen treten - jedenfalls die 80 Prozent der Männer, die beruflich selbstständig sind.
Am 18. Mai 1848 schlägt die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland: In der Frankfurter Paulskirche versammeln sich die Abgeordneten aus allen deutschen Ländern. Die Eröffnung der ersten freigewählten Nationalversammlung ist eine Sternstunde der Geschichte. In der Paulskirche gruppieren sich verschiedene Fraktionen. Nach ihrer Sitzverteilung - vom Podium aus gesehen - werden sie als rechts, links und Mitte benannt. Die hier vorgeprägte Parteienlandschaft spiegelt sich noch heute im deutschen Bundestag.
Aussichtsloser Kampf
Bald muss Blum jedoch erkennen, dass er mit seiner Vision von der Republik gegen die konservative Mehrheit keine Chance hat, denn der stark vertretene rechte Flügel der Liberalen sucht die Verständigung mit den monarchischen Mächten. Allen voran der König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., bedeuten der Frankfurter Parlamentsversammlung unmissverständlich, dass sie nicht gewillt sind, sich demokratischen Entscheidungen zu beugen. Die Volksvertretung ist machtlos.
Im Oktober 1848 flammt die Revolution in Wien noch einmal auf. Robert Blum eilt zum Ort der Kaiserdämmerung. Mit der Waffe in der Hand stellt er sich dem Kampf gegen die Habsburger Truppen. Doch er und seine Mitstreiter sind der kaiserlichen Übermacht nicht gewachsen.
Tod als Märtyrer
Trotz seiner Immunität als Abgeordneter wird Robert Blum in einem Wiener Militärgefängnis inhaftiert - widerrechtlich. Er wird zum Tode verurteilt und am 9. November 1848 in der Nähe von Wien erschossen. Nach seinem Tod wird Blum wie ein Märtyrer verehrt und zur Leitfigur der Demokraten in Deutschland.
Die Verfassung der Paulskirche tritt nicht mehr in Kraft. Im Jahr nach der Revolution wird das Parlament aufgelöst und mit ihm der Traum von der deutschen Einheit in Freiheit. Und doch haben Männer wie Blum ein bleibendes Erbe hinterlassen: "Ideen können nicht erschossen werden", sagt sein Mitstreiter Franz Jellinek nach Blums Tod. Die Visionen von 1848 blieben Vorbild für jeden Kampf um Freiheit und Demokratie in Deutschland - bis in die Gegenwart.