So schön ein Neustart sein kann, der Umzug ist auch mit Risiken verbunden: Wenn die Generationen sich wieder näher sind, kann es auch mal zum Krach kommen. Die Senioren müssen in der neuen Heimat Fuß fassen, und manchmal steht für die Jüngeren sogar die Pflege an.
Einen alten Baum verpflanzt man nicht?!
Einen alten Baum verpflanzt man nicht, heißt es. Und dennoch steht für die 88-jährige Elisabeth noch einmal ein Umzug an. Aus dem Ruhrgebiet wird sie nach Friesland in die Wohnung ihrer Tochter Maria, 69, ziehen. Jahrzehnte hat Elisabeth bis dahin in ihrer großen Wohnung gelebt, war der Mittelpunkt der Familie, Ankerpunkt für Kinder und Enkelkinder. Marias Schwester und Marias Schwägerin haben sich hier auch zuletzt um sie gekümmert, als sie immer gebrechlicher wurde. Doch auf Dauer ging es so nicht weiter - ins Heim sollte Elisabeth aber nicht. So entschied sich Maria, ihre Mutter zu sich nach Hause zu holen. "Sie hat immer gearbeitet, immer alles ermöglicht. Jetzt ist es für mich selbstverständlich, sie zu begleiten", sagt Maria. Wie ihre Mutter alles findet, kann Maria nur erahnen. Denn in einem längeren Gespräch richtig austauschen kann sie sich mit ihr nicht mehr. Das Kistenpacken und der Abschied vom alten Haus sind mit Tränen verbunden. Werden Elisabeth und Maria den gemeinsamen neuen Lebensabschnitt meistern?
Eugen und Annette zogen 2019 mit 68 und 69 Jahren von Oberbayern nach Oberfranken. "Für uns hat sich die Frage gestellt, wie lange wir das mit dem Haus und dem großen Garten noch packen", sagt Eugen. Und sie haben einfach keine Lust mehr auf die über 300 Kilometer lange Strecke zu Judith, der Tochter von Annette und Stieftochter von Eugen. Die beiden Senioren möchten ihre Enkel häufiger sehen – und Judith freut sich über Hilfe bei der Kinderbetreuung. Doch Eugen und Annette wollen auch Kontakte außerhalb der Familie knüpfen und neue Freunde finden. Bewusst sind sie deshalb nicht in die direkte Nachbarschaft von Judiths Familie gezogen. Aber klappt die Balance zwischen Nähe und Abstand?
Neuer Wohnort, andere Mentalität
Margret zieht Anfang 2018 mit 81 Jahren von Sachsen an den Starnberger See zu ihrem Sohn Frank. Doch trotz wunderbarer Landschaft: So richtig wohl fühlt sie sich in Bayern auch heute noch immer nicht. "Die Mentalität der Leute ist einfach ganz anders", findet Margret. Und die vielen Ausflugsfahrten, die sie vorhatte, um Land und Leuten vielleicht doch näherzukommen und Bekanntschaften zu schließen, sind wegen Corona weggefallen. In ihrer Wohnung in einer Anlage für betreutes Wohnen fühlt sie sich oft allein. Ihr Sohn Frank ist noch berufstätig und hat nicht immer Zeit. In der alten Heimat aber hat Margret noch jede Menge Freundinnen und Bekannte. War ihre Entscheidung umzuziehen falsch?
Die "37°"-Reportage zeigt, welche Herausforderungen und auch schönen Momente das Zusammenrücken der Generationen mit sich bringt. In Zeiten des demografischen Wandels und weit voneinander entfernten Familienangehörigen beantwortet der Film eine Frage, die sich sicher viele stellen: "Im Alter in der vertrauten Heimat bleiben – oder doch den Kindern hinterherziehen?"