Als Andrea vor über zehn Jahren die Diagnose Eierstockkrebs bekam, saß der Schock tief. Anstatt sich in Verzweiflung zu verlieren, wurde die Lehrerin und Mutter eines Sohnes aktiv und gründete in Neumünster einen Chor: "Jetzt oder Nie!"
Eine bunte Truppe
Das Erste, was bei den Proben auffällt, ist die Fröhlichkeit. Zwischen den Liedern ist immer Platz für herzhaftes Gelächter. So hat Andrea Krull sich das wahrscheinlich vorgestellt. Als sie sich vor acht Jahren von einer schweren Eierstockkrebs-Operation erholte, beschloss sie, einen Chor zu gründen. Im Fernsehen hatte sie gesehen, dass Singen glücklich machen soll. Was mit acht Mitsingenden begann, hat sich mittlerweile zu einem Chor von 70 Mitgliedern entwickelt. Neben den Menschen mit Krebs singen auch Angehörige, Ärzte und Pflegekräfte mit.
Der Probentag - das Highlight der Woche
Donnerstag, der Tag der Chorprobe, ist für viele Chormitglieder das Highlight der Woche. Zusammen singen, zusammen lachen, zusammen weinen, ohne dass man schräg angeguckt wird - das verbindet. In Neumünster ist die Gruppe "Jetzt oder Nie!" längst eine Institution.
Günter ist seit fünf Jahren dabei. Er leidet an Blasenkrebs. Es gibt gute und schlechte Tage. Zu den Guten gehören die Abende mit seinen Chorfreunden. Auch außerhalb der Proben haben sich für ihn und seine Frau tiefe Freundschaften ergeben.
Julja musste ihren Traum von einer Karriere als Profimusikerin aufgeben. Im Chor fand sie eine neue Heimat. Ohne Leistungsdruck. Jede und jeder darf so sein, wie er oder sie ist.
Viel mehr als Musik
Als Jutta das erste Mal beim Chor war, wurde sie von ihren Gefühlen überwältigt. Ihre Mutter war gerade verstorben, ihre eigene schwere Operation erst ein paar Wochen her. Doch sie fühlte sofort: Hier darf alles sein. Tränen sind kein Grund, sich zu schämen.
Andrea, die das alles angezettelt hat, ist auch weit über den Chor hinaus aktiv. Sie hat die erste Eierstockkrebs-Selbsthilfegruppe Norddeutschlands gegründet und leitet den Verein Eierstockkrebs e. V.. Für ihr Engagement ist sie vielfach ausgezeichnet worden.
Sich gegenseitig unterstützen
Die Singfreunde unterstützen sich, wo sie können. Geht es jemandem nicht gut, lassen sie sich eine Freude einfallen oder unterstützen die Familie. Mit selbst gekochten Essen zum Beispiel oder dem jährlichen Heckenschnitt. Wenn ein Chormitglied verstirbt, bekommt es - auf Wunsch - am Grab ein letztes Ständchen.
37 Grad begleitet fast zwei Jahr lang die Sängerinnen und Sänger dieses ganz besonderen Chors.