In vielen deutschen Unternehmen steht ein Generationenwechsel in der Führung an. Die Söhne und Töchter sollen weitermachen. Doch die Übergabe in der Familie ist eine heikle Sache.
Es ist nicht leicht, loszulassen
Bettina Weiss (37) ist Geschäftsführerin der SWO Werkzeug und Formenbau in Oberau bei Garmisch-Partenkirchen. Ein Familienunternehmen seit 49 Jahren. Bis vor einigen Jahren leitete die Mutter das Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern. Nach einem Schicksalsschlag musste die jüngste der drei Töchter übernehmen. Seitdem liegt die Verantwortung für das Unternehmen und das Einkommen von drei Familien hauptsächlich in den Händen von Bettina Weiss. Mutter Monika tut sich schwer, loszulassen: "Die Verantwortung abgeben als Mutter ist genauso schwer wie loslassen vom Geschäft. Da hat man das Gefühl, 'jetzt bist du nichts mehr'."
Aktuell hat die Corona-Krise das Unternehmen schwer getroffen. Aufträge sind ausgesetzt, alle Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Mutter und Tochter müssen mehr denn je zusammenarbeiten und entscheiden, wie es weitergehen soll.
Raus aus der Schule, rein in den Betrieb
Manuela Huber (47) ist Gas-Wasserinstallateurin und ein bayerisches Original. Sie schimpft, sie lacht und redet wie ein Wasserfall - mit einem Dialekt, der sich nach grünen Wiesen und Urlaub auf dem Bauernhof anhört. "Ich wollte alles werden, nur nicht in den elterlichen Betrieb gehen. Ich wusste nicht mal, wie ein Wasserhahn aussieht", berichtet Manuela von den Anfängen. Doch dann ließ sie sich auf einen Deal mit dem Vater ein. "Ich mache eine Lehre, wenn ich sofort raus aus der Schule kann. Ich habe die Schule gehasst." Papa Walter willigte ein. Und so durfte Manuela Stift und Schulranzen gegen Mutternschlüssel und Blaumann eintauschen.
Ihre Zwillingskinder Charlotte und Alex sind bald 16. Der Sohn will das Gleiche machen wie die Mutter - aus ähnlichen Beweggründen: "Weil er genauso faul in der Schule ist wie ich." Charlotte wäre aus Sicht der Mutter die ideale Nachfolge für sie. Denn "sie kann mit den Leuten, packt an, hat Charme und ist clever." Wenn sie nur nicht so schusselig wäre ... Noch weiß Charlotte nicht, ob sie sich den Stress der Mutter antun will. "Die Mama arbeitet jetzt sehr, sehr viel. Ich würde mir irgendwann denken: Ich bin der Chef. Ich kann jetzt auch mal um elf aufhören und muss nicht bis drei in der Nacht arbeiten."
Familienbetrieb in dritter Generation
Der Schreinerei-Betrieb Ort ist in der Spessart-Gemeinde Rothenbuch eine Institution. Ein Familienleben zwischen Hobelspänen, Holzbrettern und Leisten. Und das schon in der 3. Generation. Irgendwann soll Junior Maximilian (32) den Betrieb von Vater Richard (58) übernehmen. "Es geht im Handwerk auch gar nicht anders. Denn es findet sich kein Nachwuchs", so Richard. "Die Kinder heute werden gedrängt, zu studieren. Sie sollen ja ein gutes Leben haben", so beschreibt Maximilian seine Erfahrungen im Umfeld. "Das Handwerk ist ein anstrengender Beruf." Für Vater und Sohn heißt das in der Regel eine Sieben-Tage-Woche und maximal sechs Tage Urlaub im Jahr.