"37°" zeigt, welche Schicksale hinter den nackten Zahlen stehen. Wie es ist, wenn einen der Schuldenberg erdrückt und man nicht mehr weiterweiß. Wenn man aus eigenem Verschulden oder unschuldig in so große Not geraten ist. Und wie kommt man da jemals wieder heraus?
Raus aus der Konsumfalle
Jessica (26) aus Tübingen ging es wie vielen jungen Menschen: Kaum 18, wollte sie alles haben, und zwar sofort - Handyverträge, schöne Kleidung, eine eigene Wohnung, Urlaube. Finanziert über Kredite, Ratenzahlungen, Käufe auf Rechnung. Nach zwei Jahren steht sie vor einem riesigen Schuldenberg. Der Gerichtsvollzieher kommt immer wieder. Selbst ihre Mutter will nicht mehr helfen.
Jessica wird bewusst, dass sich vieles ändern muss, sie muss radikal auf alles verzichten. Der dramatische Lebenswandel wirft sie um. Sie magert ab, bekommt Haarausfall. Dann kommt ihr Sohn Latif zur Welt. Der Kleine ist für sie die größte Motivation, die Schuldenlast loszuwerden. Jessica spart eisern, und doch muss sie weiter für ihre Fehler büßen: Ein Neuanfang ist fast unmöglich.
Die Schulden aus der Vergangenheit lasten wie ein Stigma auf ihr: Ihr SCHUFA-Eintrag ist miserabel. Noch ist ihr Konto gepfändet. Sie braucht dringend einen Kitaplatz, um einen Arbeitsplatz zu finden. Jessica ist gelernte Restaurantfachfrau. Doch wegen Corona stellt keine Gastronomie Personal ein. "37°" begleitet Jessica auf ihrem Weg, die Schulden der Vergangenheit loszuwerden und ein neues Leben zu beginnen. Ihr größter Traum: Wenn ihr Sohn Latif fünf Jahre alt ist, möchte sie ihm ein nagelneues Fahrrad kaufen.
Verschuldet nach der Pflege der Mutter
Sven (51), seine Frau Andrea (47) sowie die vier Kinder (16, 13, 11, 2) wohnen bei Pforzheim. Sven hat die Schulden mit in die Ehe gebracht, er pflegte seine schwerkranke Mutter bis zu ihrem Tod. Für die Pflege und den Kauf von Geräten geht er in Vorleistung, die Krankenkasse erstattet nicht alles. Er macht erste Schulden, Zinsen und Zinseszinsen wachsen, neue Kredite folgen. Jetzt steht die Familie vor einem Schuldenberg von rund 47 000 Euro. Sven arbeitet als Apotheken-Ausfahrer fast zwölf Stunden am Tag. Doch sein Verdienst reicht niemals aus, um die Familie zu versorgen und die Kredite abzubezahlen. "Meine Frau kann manchmal nur etwas kochen, wenn sie Pfandflaschen einsammeln geht."
Auch die Kinder müssen mit dem knappen Budget in der Familie umgehen, der 16-jährige Sohn wünscht sich nur Batterien zum Geburtstag. Sven fragt bei Sozialstellen nach Essensmarken. Jetzt will er endlich aus den Schulden raus: Ein Berater der Diakonie hilft Sven, aber öffnet ihm auch die Augen. Wie so viele Schuldner verdrängt Sven zu viel. Er muss sich seinen Schulden stellen, kistenweise Mahnschreiben öffnen und sortieren. Erst dann kann er den schweren und verzichtreichen Weg einer persönlichen Insolvenz gehen. Für einen Neuanfang bei null.
Alleinerziehend, erkrankt, verschuldet
Andrea ist 57. Die Mutter von drei Töchtern lebt in München. 2008 erkrankt die Alleinerziehende an Krebs. Andrea ist überfordert: Arbeit, Erziehung, Krebserkrankung und die Angst vor der Zukunft. Als sie für einen Umzug einen Kredit aufnimmt, beginnen ihre Schulden. Die gute Nachricht: Sie besiegt den Krebs, aber Folge-Erkrankungen werfen sie bis heute immer wieder aus dem Beruf.
Andrea ist mit den Nerven am Boden. Sie lässt die Mahnschreiben ungeöffnet liegen. Die Not wird übermächtig. Andrea nimmt ihre ganze Kraft zusammen und beginnt, wieder zu arbeiten. Das muss diesmal klappen. Schafft sie es, aus dem Schuldenstrudel zu kommen? Andrea muss sich ihrer Scham und den Schuldgefühlen stellen, mit dem Gefühl des Versagens umgehen. Jetzt beginnt ihr Weg.
Finanziell versagt zu haben, ist ein Tabuthema. Und dann ist da noch die Scham, um Hilfe betteln zu müssen. "37°" begleitet drei Schuldner über ein halbes Jahr hinweg in der schwierigsten Zeit ihres Lebens. Werden sie es schaffen?