"Lebt", sagt Christian Hardt knapp und stapft ein paar Meter weiter. "Lebt auch". Mit seinem Vater Hans-Friedrich kontrolliert er, ob die Wildkirsch-Setzlinge angegangen sind, auf die sich nun viel Hoffnung richtet. Können sie den Wald hitzefest machen?
Ist der deutsche Wald noch zu retten?
Noch ein oder zwei heiße Sommer wie die letzten, und der deutsche Wald ist nicht mehr zu retten. Hans-Friedrich Hardt hebt einen Fichtenzapfen auf und zerdrückt ihn in der Hand zu Staub. "So trocken ist es jetzt schon im Frühjahr – das gab es hier noch nie", sagt er. Er weiß das so genau, weil der Wald seit fünf Generationen im Besitz seiner Familie ist, die Buch geführt hat über den Wald, die ihn liebte und von ihm lebte. Doch das wird durch Trockenheit und Schädlinge seit Jahren immer schwieriger.
"Wir zahlen inzwischen mehr für das Beseitigen der toten Bäume, als wir an dem Holz verdienen", sagt Hans-Friedrich Hardt. Vor vier Jahren hat er die grüne Idylle an der Bevertalsperre im Bergischen Land seinem Sohn überschrieben, der eigentlich andere Lebenspläne hatte. "Und seitdem haben wir hier einen heißen Sommer nach dem anderen." Der Vater seufzt. "Es quält mich, dass ich Christian zurück gelockt habe und es hier nun so schlimm aussieht."
Die Trockenheit und der Borkenkäfer
Auch Familie Vorwerk, Waldbesitzer am Möhnesee im Sauerland, leidet mit ihrem Wald. 90 Prozent ihrer Bäume sind durch Trockenheit und Borkenkäfer zerstört. "Für meinen Vater ist es die totale Katastrophe. Er meint, dass er mit seinen gepflanzten Fichten versagt hat", erzählt Gerhard Vorwerk mit Blick auf eine Front brauner Bäume. Die Enkel werden von diesem Wald nicht leben können, so viel ist klar. Ein Hoffnungsschimmer ist die neue Försterin Annemarie Hille. "So jemand hatten wir noch nie", schwärmt Vorwerk, "die hat Ideen und setzt sie akribisch um."
Ein unwegsames Gelände, sehr viel Totholz und kaputte Bäume, die jederzeit umfallen können, das ist die Lage. Die Försterin sieht den Kampf der Fichte gegen Hitze und Borkenkäfer am Möhnesee als verloren – aber glaubt an die Chance, durch andere Baumsorten und Pflanzanordnung einen neuen, klimaresistenten Wald zu schaffen. "Ich bin nicht vorbelastet und so deprimiert", erzählt die junge Frau. "Mir macht es richtig Spaß, an der Zukunft dieses Waldes zu arbeiten."
Vater und Sohn Hardt überlegen unterdessen, wie sie den Wald anders bewirtschaften könnten. Einen Friedwald würden sie gerne einrichten, aber Beisetzungen im Wald – das findet nicht überall Zustimmung im angrenzenden Dorf. Schlaflose Nächte haben die Hardts aber wegen etwas anderem: Durch die Trockenheit steigt die Waldbrandgefahr enorm. Wenn er die vielen Corona-gestressten Städter anrollen sieht, die an der Bevertalsperre Erholung suchen, dann weiß er, dass manche ihre Kippen nicht richtig ausdrücken oder gar Lagerfeuer machen. Ein Nachbarwaldgebiet ist kürzlich niedergebrannt. "Mein absoluter Alptraum", sagt Hans-Friedrich. "Ich liebe diesen Wald." Zum Glück sind die meisten Setzlinge angegangen, kleine grüne Blättchen ragen aus dem staubigen Waldboden. Ein gutes Zeichen. Grün, das weiß jeder, ist die Farbe der Hoffnung.