Das Dorf Ponta do Sol auf Madeira lockt junge Freelancer mit angenehmem Klima und Gemeinschaftsleben. Nina (29) und Heiko (41) wollen sich auf der Insel eine Existenz aufbauen. Doch die Lebenshaltungskosten ziehen immer mehr an und dauerhafte Kontakte zu knüpfen, ist schwer.
Ein Neuanfang auf der Sonneninsel
"Ich habe es in Deutschland nicht mehr ausgehalten!" Nina (29) packt 2021 ihren Rucksack und fliegt mit Freunden nach Madeira. Ihr Ziel: ein sogenanntes digitales Dorf für junge Freiberufler in Ponta do Sol. Heute ist die Münchnerin immer noch dort. Doch sie vermisst das Gemeinschaftsgefühl der Anfangszeit. "Da war diese Aufbruchsstimmung, wir waren wie eine große Familie. Heute fühle ich mich oft einsam." Die meisten Freiberufler bleiben nur einige Monate auf der Insel und ziehen dann weiter. In dieser kurzen Zeit ist es schwierig, enge Freundschaften aufzubauen.
Ein Zuhause auf Zeit als Geschäftsidee
Das in den sozialen Medien beworbene "erste Dorf für digitale Nomaden" besteht hauptsächlich aus einem Co-Working-Space, in dem Freiberufler kostenlos arbeiten können. Ein richtiges Zentrum hat die Gemeinschaft nicht. Die hohe Fluktuation der Reisenden hat Nina zu ihrer Geschäftsidee inspiriert: Sie betreut Wohngemeinschaften, sogenannte Co-Livings, in denen Freiberufler ein "Zuhause auf Zeit" finden sollen. Ihr Job läuft gut, doch finanziell sicher ist er nicht. Immer wieder springen Bewohner kurzfristig ab, was für Nina finanzielle Einbußen bedeutet.
Heikos Sehnsuchtsort mit Hürden
Der 41-jährige Heiko sitzt auf gepackten Koffern und träumt von einem Leben auf der Insel. "Madeira ist für mich ganz klar mein Sehnsuchtsort." Die Liebe zur Insel begleitet den Grafikdesigner schon seit seiner Kindheit. Nun will er mithilfe der digitalen Community dort Fuß fassen. Doch der Zuzug der vielen Freiberufler seit 2020 hat Madeira verändert. Die Lebenshaltungskosten und Mieten auf der Insel sind stark gestiegen und fast genauso hoch wie in Deutschland. Für viele Einheimische sind Häuser und Wohnungen heute unerschwinglich.
Zwischen Traum und Realität
Auch Heiko findet keine eigene Wohnung, dafür reicht sein Gehalt als freier Grafikdesigner nicht. Stattdessen wohnt er zur Untermiete. Der 41-Jährige ist hin- und hergerissen zwischen seinem Traum vom Auswandern und den Verpflichtungen in seiner schwäbischen Heimat, wo seine Mutter auf Hilfe angewiesen ist. Die Community der Freiberufler, die unter sich bleibt, sieht Heiko eher kritisch: "Ich möchte mich vor allem mit den Einheimischen austauschen und Portugiesisch lernen. Und richtig in die Kultur hier eintauchen."