Die meisten werden spätestens dann in einem Pflegeheim untergebracht. Doch welches Umfeld ist für Menschen mit Demenz das richtige? 37 Grad hat Menschen begleitet, die sich für ein besseres Betreuungskonzept für Demenzerkrankte einsetzen.
Achterbahnfahrt der Gefühle
Julia Bernsee beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Demenz. 2019 wurde bei ihrer Mutter die Krankheit diagnostiziert. Darauf folgte eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ihre Mutter kam zunächst aus ihren eigenen vier Wänden zu Julia nach Hause, dann in die Kurzzeit-, kurz darauf in die Langzeitpflege. Doch als in Zeiten von Corona jeglicher Besuch untersagt wurde, verzweifelte Julia an den Bedingungen des Pflegeheims. Sie holte ihre Mutter zurück zu sich nach Hause und war geschockt, wie wenig von ihrer Mutter noch übriggeblieben war und wie sie mit Medikamenten (ohne Absprache) ruhiggestellt wurde. Nach sieben Monaten in der Pflege bei Julia und ihrer 25-jährigen Tochter Pauline, ist ihre Mutter mittlerweile in einer kleineren Einrichtung untergebracht. Heute besucht Julia ihre Mutter dort fast täglich. Wie schwer es ist, eine gute Betreuung für die Mutter zu finden, hat Julia 37 Grad erzählt.
Ausbildung zur Pflegekraft
Sophia (19) befinden sich gerade im dritten Ausbildungsjahr zur Pflegefachkraft. Für ihren nächsten Praxiseinsatz kann sie sich keinen besseren Ort vorstellen als das Resi-Stemmler-Haus in Euskirchen. Menschen mit fortgeschrittener Demenz finden hier ein Zuhause. Hier wird unter der Leitung von Lydia Kassing das Betreuungskonzept von Tom Kitwood umgesetzt. Der von dem britischen Psychologen Kitwood entwickelte Ansatz stellt die Einzigartigkeit der Person in den Mittelpunkt. "Wir verzichten auf die Gabe von jeglichen Psychopharmaka. Unsere Bewohner werden nicht durch Medikamente "einrichtungsfit" gemacht", betont Lydia Kassing. Für Sophia steht jetzt schon fest, dass sie nach ihrer Ausbildung gerne vom Resi-Stemmler-Haus übernommen werde möchte. 37 Grad begleitet Sophia und die Bewohner des Heims inklusive deren Angehörige.
Der 25-jährige Teun Toebes hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Situation für Demenzkranke zu verbessern. Der Niederländer ist der Meinung, dass jeder Mensch das Recht auf ein schönes und inklusives Zusammenleben hat. Darum ist der ausgebildete Altenpfleger in die geschlossene Abteilung eines Demenz-Pflegeheims gezogen. Er ist einer von 130 Bewohnern, die dort in der Regel die letzten acht Monate ihres Lebens verbringen. "Meine Mitbewohner und ich schaffen gemeinsam besondere Erinnerungen. Mit ihnen habe ich meinem Gefühl nach erfahren, was den Kern der menschlichen Existenz ausmacht."
Protest gegen menschenunwürdiges System
Teun gibt zu, dass es fast jeden Tag Momente des Zweifelns gibt, ob er die Lebenssituation, in der er sich befindet, noch weiter aushält. Aber dann wird er sich immer wieder seiner Mission bewusst: Menschen helfen, die seine Hilfe brauchen, die keine Stimme mehr erheben können, um gegen ein menschenunwürdiges System zu protestieren. "Ich hoffe, es gibt eine Zukunft in der wir Menschen mit Demenz als vollwertige Personen anerkennen und dafür stehe ich jeden Morgen auf. Solange wir den Menschen sehen, geht er nicht verloren." 37 Grad begleitet Teun bis hin zu einem Auftritt auf einer Pflegekonferenz in Berlin.
Demenzbetroffene verschwinden für Angehörige oft hinter der Krankheit. Und das erschwert es, in ihrem Sinn bestmögliche Entscheidungen zu fällen. 37 Grad geht der Frage nach: Welches Umfeld ist das richtige, um Menschen mit Demenz ein Zuhause zu bieten, in dem sie sich sicher und geborgen fühlen können?