Jessica, Cedric und Jérome machen als Schwarze Menschen in Deutschland oft rassistische Erfahrungen im Alltag. Dieser Alltagsrassismus zeigt sich in allen Lebensbereichen.
Beschimpfungen und Anfeindungen
Der 51-jährige Jérome arbeitet für die Mainzer Verkehrsbetriebe. Wenn er seinen Bus durch Mainz lenkt, kann es passieren, dass Menschen einsteigen, ihn sehen und wieder aussteigen. Jérome lebt seit 2001 in Deutschland. Er versucht, all die rassistischen Gemeinheiten zu überhören, die ihm täglich bei der Arbeit widerfahren. Auch mit dem N-Wort wird er ständig beschimpft.
Jérome lässt diese Beleidigungen über sich ergehen. Er will nicht aggressiv werden, sondern nur friedlich hier leben. Er wird in den Mainzer Verkehrsbetrieben sehr gern gesehen, auch wegen des Fachkräftemangels. Seinen Job würde Jérome sehr mögen, wären da nicht die regelmäßigen rassistischen Beleidigungen, denen er als Busfahrer nicht entkommt. Wehren kann er sich nur schwer. Er soll sich deeskalierend verhalten, so die Ansage seines Arbeitgebers.
Kein Schutz durch sozialen Status
Cedric ist 32 Jahre alt. Er ist in Deutschland als Sohn kamerunischer Eltern aufgewachsen. Cedric ist beruflich sehr erfolgreich, aber er weiß, dass sein sozialer Status ihn nicht vor Diskriminierung schützt. Cedric arbeitet als Manager bei SAP in Berlin. Dort ist es sehr international, und er fühlt sich wohl – doch selbst auf dem Weg zur Arbeit durch die Berliner Innenstadt meidet er die Öffentlichkeit. Er fährt mit seinem Firmenwagen von Garage zu Garage.
In seiner Ursprungsfamilie konnte Cedric nie über Rassismus sprechen. Es war ein Tabuthema, obwohl alle vier Geschwister und besonders die Eltern davon betroffen waren. Cedric will seine Geschwister zu sich einladen, weil er genau darüber mit ihnen sprechen will. Er will wissen, ob sie nicht auch rassistische Erfahrungen gemacht haben und warum darüber nie gesprochen wurde.
Therapie aufgrund von Diskriminierung
Die 40-jährige Jessica ist mit ihren zwei Kindern auf einem Spielplatz in Berlin-Pankow. Sie werden von einem vierjährigen Jungen mit den Worten "ich hasse braune Haut" angeschrien. Seit sie auf der Welt ist, erlebt sie fast täglich diese Demütigungen. Kaum ein weißer Mensch kann sich vorstellen, was das heißt. Deshalb hat sich die Psychologin auf Menschen spezialisiert, die aufgrund von Rassismus-Erfahrungen Therapie brauchen. Eine Klientin, ebenfalls Afrodeutsche, hat kürzlich ihren Freund durch Suizid verloren.
Jessica sagt, dass es keine Statistiken dazu gebe, wie viele Schwarze Menschen sich in Deutschland das Leben nehmen. Ihr Vater überlegt, zurück in seine Heimat Nigeria zu gehen. Doch Jessica kann nicht irgendwohin zurückgehen. Sie ist Deutsche und hat eine deutsche Familie. Sie mag Deutschland. Jessica und ihr Mann Peter hoffen, dass Deutschland sensibler wird, was den alltäglichen Rassismus angeht.