Die neue ökologische Bescheidenheit findet auf rund zehn Metern Länge und 2,5 Metern Breite statt. So wenig Raum ist für die meisten unvorstellbar, für manche aber ist gerade das ein Gewinn. Was treibt Tiny-House-Besitzer an? Wie lebt es sich in einem solchen Minihaus?
Zu viert auf 36 qm
Familie G. aus dem Allgäu hat sich nach einem schweren Schicksalsschlag, der ihnen "den Boden unter den Füßen weggezogen" hat, für eine neue Lebensphilosophie entschieden. Nach dem Tod des zweiten Sohnes kurz vor der Geburt reduzierten die Lehrerin und der Holztechniker ihre Arbeitszeiten und bauten ein Tiny House, um die Fixkosten zu reduzieren. Wichtig war ihnen, mehr Zeit mit ihren beiden anderen Kindern zu verbringen und die konsequente Haltung eines ökologisch intakten Lebens. Was die neue Wohnform mit sich bringt, sind Höhen und Tiefen, Freude, aber auch Krisen – das alles zu viert auf 36 Quadratmetern.
Ein Haus auf dem Garagendach
Ganz anders sieht das Leben von Angelina H. aus Esslingen am Neckar aus. Die studierte Theaterpädagogin befürchtet in einem Jahr gleich dreimal hart getroffen zu werden:
Sie hat Angst, ihre Wohnung, ihre Engagements in Alten- und Pflegeheimen und den besten Freund zu verlieren. Nach monatelanger, sehr harter Zeit rafft sich die „Rebellin“ auf und kommt auf die Idee des kleinen Wohnens. Explodierende Mieten, kaum Wohnraum und keine Stellflächen für Tiny Houses in der Stadt – das hält die "Aktivistin für eine lebenswerte Umwelt" nicht von ihrem Plan ab. Sie kommt auf die ungewöhnliche Lösung, Tiny Houses auf flache Garagendächer zu bauen, und löst dabei im neureichen Neckartal nur Kopfschütteln aus. 37 Grad begleitet ihren aufreibenden Kampf gegen die städtische Bürokratie und gegen schwäbische Häusle- und Autobauer. Gut vernetzt mit fortschrittlichen Architekten und Medien erobert sie indes mehr und mehr Terrain. Am vorläufigen Ende kommen selbst die städtische Wohnungsbaugesellschaft und das Bauamt nicht mehr um sie herum. Ihr Traum scheint in greifbarer Nähe.
Hausprojekt als Abschlussarbeit
Total begeistert von Tiny Houses ist der 14-jährige Florian D. aus Freising schon seit zwei Jahren. Der damals zwölfjährige Junge wünschte sich als Abschluss-Projekt seiner Montessorischule, ein solches selbst zu bauen. Sein Vater dachte erst an ein Vogelhäuschen, so wie es Gleichaltrige als Praktikumsarbeit machen. Er merkte aber rasch, dass Florian es ernst meinte. Seitdem unterstützt er ihn finanziell und handwerklich. Der Vater ist nicht ganz fachfremd, betreibt eine Firma, die VW-Transporter zu Campingbussen umbaut. Aber vor dem Tiny House hatte er "Respekt, das ist ein Riesenprojekt". Zwei Jahre arbeitet Florian daran, kann fast alles selbst machen: Holzrahmen, Außenverkleidung, Dusche, Terrasse, Dach – alles wurde kurz vor dem Abnahmetermin in der Schule tatsächlich fertig. Angetrieben nicht nur von seinem handwerklichen Ehrgeiz und Geschick, sondern auch von seinem gefestigten Umweltbewusstsein hat er seine Idee in 3000 Arbeitsstunden perfekt auf vier Räder gestellt. "Aus dem kleinen Jungen ist ein reifer, junger Mann geworden", schwärmt die Mutter, die lange nicht an die Fertigstellung geglaubt hat.
Autor Broka Herrmann über die Dreharbeiten zum Film
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Anders wohnen