Mandy steuert sechs Tage die Woche einen Bus durch Berlin, Marcela die U-Bahn durch München, und Markus und Jürgen bringen ihre Fähre oft 14 Stunden am Tag von einem Ufer ans andere und wieder zurück. Eine monotone Arbeit oder eine, die sie erfüllt?
Mehr als nur Buslenkerin
Mandy meint, es reiche schon, wenn die Fahrgäste mehr lächelten. Die 26-Jährige sitzt seit vier Jahren am Steuer eines Busses in Berlin und führt damit eine Familientradition fort: erst der Großvater, dann der Vater, nun sie. Lieber wäre dem Vater gewesen, die Tochter hätte "etwas Ordentliches gelernt", erzählt sie. "Eigentlich wollte ich Lkw fahren. In die Ferne. Irgendwohin weg." Der Familie und ihres Partners wegen ist es dann doch die Stelle bei den Berliner Verkehrsbetrieben geworden.
Wegen ihres Schichtdienstes geben Mandy und ihr Freund sich im Alltag oft nur die Klinke in die Hand: Er kommt nach Hause, sie schläft bereits oder andersherum. Manchmal habe sie nur fünf Stunden Schlaf und gleichzeitig die Verantwortung für die Fahrgäste im chaotischen Stadtverkehr. Und trotzdem: Mandy liebt ihren Job und die Herausforderung.
Schichtarbeit ist Alltag
Wie sehr der Schichtplan das Privatleben bestimmt, spürt auch Marcela (38). Die Mutter einer Tochter im Kindergartenalter navigiert täglich einen Münchner U-Bahn-Zug durch die endlos erscheinenden, spärlich beleuchteten Tunnel. Ein besonderer Beruf, der die gelernte Modeschneiderin stolz macht. Aber einer, der ihr gleichzeitig einiges abverlangt – eingespannt zwischen der Fahrerkabine und einem Kind, das von der Kita abgeholt werden muss und auch mal krank ist. Gerade dann erfährt Marcela, was die U-Bahn-Fahrer ausmacht: "Eine Hand wäscht die andere." Man hält zusammen, wenn jemand ausfällt.
Beginnt Marcelas Schicht, taucht sie ab: "Man ist in einer anderen Welt da unten. Die Einsamkeit in der Fahrerkabine verträgt nicht jeder." Für sie ist es ein Durchatmen. Dafür nimmt sie in Kauf, dass die Augen empfindlich werden, wenn sie erst zum Feierabend wieder das Tageslicht sieht.
Bei Wind und Wetter
Fährmann Jürgen (34) trägt bei seiner Arbeit unter freiem Himmel in Neckarhausen Sonnenbrille und Kurzarmshirt. Zumindest an den guten Tagen. Aber auch bei Kälte und Regen muss er seine Passagiere von der badischen auf die hessische Seite des Neckars bringen oder zurück. Einen Unterstand gibt es nicht. "Wenn du den Job machst, kannst du nicht normal sein", hieß es von seinen Freunden, als er beschloss, die Ausbildung zum Fährmann zu machen. Der gelernte Stuckateur steht dazu: Er mag die Verantwortung, die Natur und dass jeder Tag etwas Neues bringt.
"Früher war's die einzige Möglichkeit, über den Fluss zu kommen. Da hatte der Fährmann eine besondere Stellung, und die hat er heute auch noch", erzählt sein Kollege Markus. Aber der alte Glanz der Fährmänner schwindet. Es ist schwer, Nachwuchs zu finden. In Urlaub zu fahren oder krank daheimzubleiben, ist fast unmöglich. "Du kannst nie abschalten", sagt Markus (45). Er habe erst gehadert, den Job zu übernehmen, obwohl schon sein Urgroßvater die Fähre lenkte. Erst vor wenigen Jahren wurde aus dem gelernten Zimmermann ein Fährmann. Die Menschen danken es ihm und seinem Kollegen Jürgen. Mit Worten, mit Trinkgeld und mit ihrem Vertrauen. "Manche Leute erzählen dir hier ihre tiefsten Gefühle", sagt Jürgen. "Die wissen, was hier auf der Fähre gesprochen wird, bleibt auf der Fähre."
Zuverlässige Beförderer für uns alle
Die Busfahrerin fährt zuverlässig die immer gleichen Stationen an. Der U-Bahn-Fahrerin geben die Gleise die Route vor. Der Fährmann pendelt bei Wind und Wetter zwischen den Haltestopps. Was monoton und simpel aussieht, wird zum täglichen Kraftakt.
37 Grad erkundet genau diese Meisterschaft zwischen zehrenden Schichten und freundschaftlichen Begegnungen und rückt damit jene ins Rampenlicht, die oft übersehen werden, obwohl sie alltägliche Begleiter vieler Menschen sind.