Die Menge an Technik auf unserem Planeten nimmt in schwindelerregendem Tempo zu. Seit Kurzem übersteigt die Masse der Dinge aus Menschenhand die allen biologischen Lebens. Wir schaffen uns dadurch gewaltige Möglichkeiten, aber auch immer mehr Abhängigkeiten. Wie gestalten wir Technik so, dass sie uns auch künftig als Werkzeug dient? Welches Wissen ist erforderlich, damit neue Technik nicht zu Überforderung führt? Harald Lesch zeigt in „Terra X – Faszination Universum“, wie es gelingen kann, die Chancen des Neuen zu nutzen und dabei auch in Zukunft die Oberhand zu behalten.
Die Grenzen der Welt erweitern
Mit Hilfe von Technik haben wir uns neue Möglichkeiten erschlossen, um unsere Welt zu erkunden und zu gestalten – von den Pionierleistungen bei der Erforschung der Tiefsee bis zu den aktuellen Herausforderungen bei der Erkundung des Weltalls. Dank technischer Errungenschaften lassen sich die Grenzen der bekannten Welt immer weiter hinausschieben. Zurzeit wetteifern drei Nationen parallel um die besten Daten und Bilder vom Mars. Neben dem NASA-Programm Perseverance starteten 2020 fast zeitgleich zwei weitere Sonden zu unserem Nachbarplaneten, Al-Amal der Vereinigten Arabischen Emirate und die chinesische Tianwen-1. Langfristig geht es um wirtschaftliche Interessen, um Rohstoffe und vielleicht einmal Lebensraum. Neugier und Entdeckergeist spielen aber auch eine Rolle – und der Wunsch, nach außen zu demonstrieren, wozu man imstande ist.
Die Eroberung unbekannter Welten wird nicht nur von Supermächten vorangetrieben. Auch zwischen zwei Superreichen – Elon Musks SpaceX und Jeff Bezos Blue Origin – ist ein Konkurrenzkampf entbrannt. Ohne das Verlangen nach Ruhm, Macht und Reichtum hätte es viele große Entdeckungen der Menschheit nicht gegeben. Andere Menschen verfolgen mit ihrem Vermögen andere Ziele: Sie investieren in die Erweiterung der Grenzen auf dem Planeten der Erkenntnis. Im 19. Jahrhundert gelang es Persönlichkeiten wie Alexander von Humboldt, Technik so zu nutzen, dass Wissenschaft und Gesellschaft davon profitierten und neue Erkenntnisse möglich wurden.
Mithalten mit Maschinen?
Während Technik anwendungsbezogen ist und nach funktionierenden Lösungen sucht, wagt sich die Grundlagenforschung ins Offene und Unbekannte. Der russische Chemiker Dmitri Iwanowitsch Mendelejew erarbeitete 1869 ein Ordnungssystem der chemischen Elemente. Zwar besaß dieses System Lücken, doch er beschrieb die fehlenden Elemente mit ihren Eigenschaften so genau, als ob es sie bereits gäbe. So fehlte zum Beispiel das Element, das in der Ordnung nach dem damals schon bekannten Aluminium steht. Mendelejew sagte voraus, es müsse ein glänzendes Metall sein mit einem Schmelzpunkt von etwa 29 °C. Keine sechs Jahre später wurde in Frankreich ein neues Element entdeckt, das genau in die Lücke passte – Gallium. Als Periodensystem der chemischen Elemente ist das Ergebnis von Mendelejews Forschungsarbeit mit leichten Anpassungen bis heute gültig.
Ohne Grundlagenforschung, auch die des 19. Jahrhunderts, gäbe es unsere heutige Welt nicht: keine moderne Architektur, keine moderne Fortbewegung, keine Mikrochips, keine Computer und keine moderne Arbeitswelt. Doch das Tempo, mit dem immer neue technische Entwicklungen unser Leben bestimmen, ist rasant. Computertechnik wird stetig kleiner und leichter. Etwa alle zwei Jahre verdoppelt sich die Leistung der Chips. Inzwischen sind Computer dank künstlicher Intelligenz in der Lage, ihre Rechenleistung selbst zu steuern und vernetzt zu agieren. Mit der Leistung von Maschinen können wir in Sachen Geschwindigkeit und Genauigkeit schon längst nicht mehr konkurrieren. Doch unser Gehirn verfügt über herausragende Fähigkeiten. Vernetzungsgrad, Flexibilität und die daraus resultierenden Möglichkeiten, wie frei zu assoziieren, werden von keinem Computer erreicht. Wie können wir sie erfolgreich nutzen? Welche Art von Bildung brauchen wir, um die Technik als Werkzeug zu begreifen, das uns dient und uns nicht beherrscht? Denn für Harald Lesch ist klar: „Computer lösen keine Probleme, sie haben keine!“