In Buchhandlungen stehen pinke Einbände mit Feen und Pferden blauen Covern mit Piraten und Astronauten unversöhnlich gegenüber. Doch inzwischen tauchen immer mehr Bücher mit neuen Rollenbildern auf. Piratin und Pferdejunge: kurzlebiger Trend oder nachhaltiger Umbruch?
Kinder- und Jugendbücher machen fast 20 Prozent des Umsatzes auf dem Buchmarkt aus, das entspricht knapp 1,7 Milliarden Euro (Stand 2020). Verlage, Buchhandlungen und Autor*innen haben klare wirtschaftliche Interessen an diesem Genre. Am Ende zählt, dass sich ein Buch gut verkauft. Kinderbücher kauft dabei nur selten die Zielgruppe selbst. Darauf richten sich die Verlage ein – vor allem die Marketingabteilungen. Denn bei Büchern gilt das gleiche wie bei Spielzeugen oder Kinderkleidung: Gendermarketing zahlt sich aus. Pink oder blau, Einhorn oder Ritter – meist ist schon am Buchcover die Zielgruppe erkennbar und so soll den Eltern und Großeltern die Entscheidung erleichtert werden, welches Buch sie für Max und welches für Marie kaufen. Doch ganz so schwarz-weiß – oder besser: pink-blau – ist es nicht. In den letzten Jahren erscheinen immer mehr Titel wie "Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge", "Alles rosa", "Der Katze ist es ganz egal" und "Julian ist eine Meerjungfrau", die mit gängigen Rollenklischees bewusst brechen. Doch laut Studien überwiegen immer noch die stereotypen Rollenbilder. Zeit, genauer hinzusehen, wie unsere Kinder durch ihre Lektüre geprägt werden und wo sich dringend etwas ändern muss.
Warum werden Kinderbücher immer noch nach Stereotypen gestaltet?
Die Berliner Kinderbuchillustratorin Constanze Guhr arbeitet seit 2001 als freie Illustratorin und hat vor allem "Mädchenbücher" gestaltet. Vor einigen Jahren hat sie das Buch "Go Girl" auch als Autorin verwirklicht. Constanze Guhr lässt uns bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen, gibt Einblicke in die Zwänge und Vorgaben der Verlagsbranche und verknüpft ihre eigenen Erfahrungen zu Rollenklischees mit unserer Suche nach diversen Geschlechterrollen in Kinderbüchern.
In der Dokumentation kommen aber vor allem Kinder selbst zu Wort. Sie erzählen von ihren Lieblingsbüchern und welche sie sich künftig wünschen würden. Mithilfe eines Gedankenexperiments werden bereits existierenden Kinderbüchern solche entgegengestellt, die noch geschrieben werden müssen. Die Kinder gehen zudem auf Recherchereise. Auf der Frankfurter Buchmesse 2023 interviewen sie Verlagsvertreter*innen und Autor*innen. Denn trotz des Booms der letzten Jahre von Büchern mit klischeefreieren Rollenbildern ist der Großteil der Kinderbücher immer noch sehr dem alten pink-blau-Schema verhaftet. Wieso ist das so? Sind die Verlage rückständiger als ihre kleinen Kund*innen?
Wie werden Kinderbücher in der Zukunft gestaltet?
Riccardo Simonetti, der mit seinem Buch "Raffi und sein pinkes Tutu" Kindern zeigt, dass es ok ist, anders zu sein und aus der Rolle zu fallen. Wie stark dieses Buch eine Ausnahmeerscheinung ist, zeigt eine Studie des Wissenschaftlers Dr. Lars Burghardt, der Bücherkisten in Kitas untersucht hat.
Noch immer reiten überwiegend Pferdemädchen fröhlich in Richtung Sonnenuntergang und Jungen erleben spannende Abenteuer als Pirat oder Ritter. Doch immer öfter meutern inzwischen Piratinnen und Pferdejungen galoppieren in Richtung Zukunft. Die 3sat-Dokumentation zeigt eine kritische Bestandsaufnahme von Rollenbildern in Kinderbüchern. Wie sehen die Bücher der Vergangenheit, die von heute und die der Zukunft aus? Und am wichtigsten: Was wollen die Kinder selbst lesen?
Film von Sabine Bier