Neuer Cum-Ex-Chefermittler: Brorhilker-Nachfolge gefunden

    Nach Brohilker-Kündigung:Tim Engel neuer Cum-Ex-Chefermittler

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    Nach der Kündigung von Anne Brorhilker bekommen die Cum-Ex-Ermittler einen neuen Chef. Derweil wächst die Kritik an der Aufarbeitung des milliardenschweren Steuerskandals.

    Oberstaatsanwalt Tim Engel wird neuer Cum-Ex-Chefermittler bei der Staatsanwaltschaft Köln.
    Oberstaatsanwalt Tim Engel wird neuer Cum-Ex-Chefermittler bei der Staatsanwaltschaft Köln.
    Quelle: dpa

    Der Oberstaatsanwalt Tim Engel wird in Köln neuer Chefermittler für die Cum-Ex-Steuerbetrugsfälle mit Aktiengeschäften und damit Nachfolger von Anne Brorhilker. Das hat der nordrhein-westfälische Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Freitag bekannt gegeben.
    Der 50-Jährige sei wie Brorhilker Hauptabteilungsleiter für Wirtschaftskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Köln. Er werde nun einen Monat von Brorhilker bis zu deren Ausscheiden eingearbeitet. Limbach sagte im Rechtsausschuss des Landtags:

    Ich empfinde es als zutiefst bedauerlich, dass Frau Brorhilker uns verlässt.

    Benjamin Limbach (Grüne), nordrhein-westfälische Justizminister

    Dies sei aber die Freiheit eines jeden Einzelnen und damit auch die eines Staatsanwalts. Für die Justiz sei dies zweifellos ein großer Verlust und für die Cum-Ex-Ermittlungen auch bedauerlich.
    gerhard-schick
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    Nicht ausreichend unterstützt - Limbach weist Vorwurf zurück

    Durch den Cum-Ex-Betrug mit illegalen Aktiendeals, der seine Hochphase von 2006 bis 2011 hatte, wurde der deutsche Staat schätzungsweise um einen zweistelligen Milliardenbetrag geprellt.
    Dabei wurden Papiere mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenansprüche in kurzer Zeit zwischen Finanzakteuren hin- und hergeschoben. Am Ende erstattete der Fiskus Banken, Aktienhändlern und Beratern unwissentlich Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren.

    Cum-Ex-Geschäfte sind eine Form der Steuerhinterziehung, bei der Aktien um den Stichtag der Dividendenzahlung hin und her gehandelt wurden. Mal mit (also "cum"), mal ohne ("ex") Dividendenanspruch. Dieses Vorgehen wurde so oft wiederholt, dass die Behörden nicht mehr hinterherkamen. So war es den Finanzinstitutionen möglich, sich eine einmal auf Aktiendividenden gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten zu lassen. Der Bundesgerichtshof hat diese Deals, bei denen den Steuerbehörden einige Milliarden Euro entgingen, als rechtswidrig eingestuft. 

    Limbach wies den Vorwurf der Opposition zurück, Brorhilker sei nicht ausreichend unterstützt worden. Mit vier zusätzlichen Dezernenten-Stellen für Staatsanwälte sei ihrem Wunsch nach mehr Personal voll entsprochen worden. Die Stellen seien sogar noch schneller besetzt worden als zugesagt.
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    Brorhilker übt Kritik an Aufarbeitung des Steuerskandals

    Mit dem Themenkomplex Cum-Ex habe sich Nachfolger Engel bereits im NRW-Justizministerium intensiv befasst, wo er zwischen Januar 2020 und Februar 2023 für das Sachgebiet Wirtschaftsstrafrecht zuständig gewesen sei.
    Brorhilker hatte die politische Aufarbeitung des milliardenschweren Steuerskandals kritisiert. Sie sei nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt werde. Steuerdiebstähle seien längst nicht gestoppt, es gebe Cum-Ex-Nachfolgemodelle.

    Ermittlungen gegen 1.700 Beschuldigte

    Die Staatsanwältin hatte sich für eine zentrale bundesweite Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität ausgesprochen. Sie selbst will sich künftig als Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation "Bürgerbewegung Finanzwende" für den Kampf gegen Finanzkriminalität einsetzen.
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    In rund 120 Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde in Köln unter Brorhilkers Führung gegen 1.700 Beschuldigte ermittelt, die Staatsanwaltschaft ist bundesweit federführend bei der Aufarbeitung des Skandals, der als größte Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik gilt.
    Quelle: dpa

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